Der für den heutigen Sonntag vorgeschlagene Predigttext steht im ersten Petrusbrief im 2. Kapitel:
So legt nun ab alle Bosheit und allen Betrug und Heuchelei und Neid und alle üble Nachrede und seid begierig nach der vernünftigen lauteren Milch wie die neugeborenen Kindlein, damit ihr durch sie zunehmt zu eurem Heil, da ihr ja geschmeckt habt, dass der Herr freundlich ist.
Zum Herrn kommt als zu dem lebendigen Stein, der von den Menschen verworfen ist, aber bei Gott auserwählt und kostbar. Und auch ihr als lebendige Steine erbaut euch zum geistlichen Hause und zur heiligen Priesterschaft, zu opfern geistliche Opfer, die Gott wohlgefällig sind durch Jesus Christus. Darum steht in der Schrift: »Siehe, ich lege in Zion einen auserwählten, kostbaren Eckstein; und wer an ihn glaubt, der soll nicht zu Schanden werden.« Für euch nun, die ihr glaubt, ist er kostbar; für die Ungläubigen aber ist »der Stein, den die Bauleute verworfen haben und der zum Eckstein geworden ist, ein Stein des Anstoßes und ein Fels des Ärgernisses«; sie stoßen sich an ihm, weil sie nicht an das Wort glauben, wozu sie auch bestimmt sind.
Ihr aber seid das auserwählte Geschlecht, die königliche Priesterschaft, das heilige Volk, das Volk des Eigentums, dass ihr verkündigen sollt die Wohltaten dessen, der euch berufen hat von der Finsternis zu seinem wunderbaren Licht; die ihr einst »nicht ein Volk« wart, nun aber »Gottes Volk« seid, und einst nicht in Gnaden wart, nun aber in Gnaden seid.
Soweit der Predigttext.
So legt nun ab alle Bosheit, allen Betrug, Heuchelei, Neid und alle üble Nachrede. Legt sie ab. Einfach ab. Dieser Satz, der steht so angriffslustig, so provozierend da, dass einem die Spucke wegbleibt. Ich soll diese Übel ablegen? Ich bin nicht böse, betrüge nicht, heuchle nicht, bin nicht neidisch und rede auch nicht nach. Nun, wenn wir ehrlich sind, müssen wir unsere Rechtfertigung schnell revidieren: Nun ja, manchmal bin ich schon böse, betrüge, heuchle, bin neidisch und rede nach. Und wenn ich das mal tue, dann zu Recht! Und schon wieder müssen wir einen Rückzieher machen: So selten ist das doch nicht, dass sich in mir solche Gedanken regen und auch zur Ausführung kommen. Gottes Wort haut manchmal rein, damit wir erst einmal merken, wie wir wirklich sind. Und wenn wir das merken, ehrlich zugeben und uns ändern wollen, dann kommt eine Hilfestellung. Und die finden wir gleich im Anschluss an diesen Satz:
seid begierig nach der vernünftigen lauteren Milch wie die neugeborenen Kindlein, damit ihr durch sie zunehmt zu eurem Heil, da ihr ja geschmeckt habt, dass der Herr freundlich ist.
Wenn wir begierig sind nach der vernünftigen und lauteren Milch wie ein Kindchen, dann haben wir keine Zeit mehr für Bosheit, Neid und Nachrede. Wir haben Hunger nach Jesus Christus. Jesus wird hier wie eine Mutter beschrieben, die uns freundlich, liebevoll zugewandt ist und die uns nährt, das gibt, was wir zum Leben benötigen. Nicht nur Nahrung, sondern auch alle Freundlichkeit. Und dazu gehört Blickkontakt, dazu gehört Wärme, dazu gehören gute Worte – wer Jesus als seine Mutter sucht, von der er lebt, der kann nicht mehr bösartig sein – er findet bei ihm sein Alles.
Und das ist für die Gemeinde des Petrus sehr wichtig. Denn sie wird verfolgt. Wie Jesus verstoßen wurde, so werden die Glaubenden verstoßen. Sie werden misshandelt, ausgegrenzt, ins Gefängnis geworfen. Sie gehen mit den Glaubenden um wie mit Jesus, den sie auch verworfen haben. Und in dieser Situation, dieser gefährlichen Situation, in der die Glaubenden übelsten Verleumdungen ausgesetzt sind, in dieser sollen sie alle Bosheit, allen Betrug, Heuchelei, Neid und alle üble Nachrede ablegen. Das Wort Gottes ist nicht nur hart, weil es unser Denken und Tun beim Namen nennt, sondern auch, weil es etwas von seinen Kindern fordert, das Menschenunmöglich ist. Wie kann ich dem, der mich verleumdet gegenüber noch freundlich sein? Warum soll ich vor dem Richter, der nicht Recht spricht, sondern meinen Tod fordert nicht betrügen, um mich herauszureden? Warum soll ich dem Nachbarn, der von den Behörden alle Wohltaten bekommt, weil er kein Christ ist, nicht neidisch sein? Weil ihr etwas Besonderes seid. Ganz einfach. Ihr seid Besonderes. Ihr gehört nämlich nicht mehr den Bosheiten der Welt, auch wenn ihr sie ertragen müsst, ihr seid nämlich von Gott erwählt worden. Das ist eine jubelnde, triumphierende Aussage: Ihr aber seid das auserwählte Geschlecht, die königliche Priesterschaft, das heilige Volk, das Volk des Eigentums! Daran lässt sich nicht rütteln. Ihr seid es. Da kann kein Mensch etwas gegen machen – auch wenn sie noch so sehr dagegen anschreien.
Wir haben in den vergangenen Wochen im Rahmen der Reihe: „Glaube – Leben – Theologie“ über Angriffe gegen Gott nachgedacht. Menschen, die sich Atheisten nennen oder Brights – die Hellen, Klaren – setzen all ihren Scharfsinn darein, Christen ihren Glauben auszutreiben. Was für dicke Wälzer werden geschrieben, wie viel Zeit wird darin investiert, im Internet gegen Christen Stimmung zu machen, Filme werden gedreht, um sie der Lächerlichkeit preiszugeben, welcher Scharfsinn wird aufgewendet, um zu beweisen, dass es Gott nicht gibt und dass Jesus Christus doch kein so guter Typ war, wenn er denn überhaupt existiert hat. Und im alltäglichen Leben können wir immer wieder hören: Wie dumm muss man eigentlich sein, um an Gott zu glauben? Wie verzweifelt muss man sein, Jesus Christus seinen Herrn zu nennen? All das ist nicht neu. Der erste Petrusbrief schreibt dazu ganz lapidar, ganz nebenbei: »Siehe, ich lege in Zion einen auserwählten, kostbaren Eckstein; und wer an ihn glaubt, der soll nicht zu Schanden werden.« Für euch nun, die ihr glaubt, ist er kostbar; für die Ungläubigen aber ist »der Stein, den die Bauleute verworfen haben und der zum Eckstein geworden ist, ein Stein des Anstoßes und ein Fels des Ärgernisses«; sie stoßen sich an ihm, weil sie nicht an das Wort glauben, wozu sie auch bestimmt sind. Ganz einfach ist das: Menschen, die nicht glauben wollen, müssen sich an Gott, an Jesus Christus stoßen. Sie müssen sich an ihm ärgern – ganz einfach, weil er ihnen im Weg ist. Wer gerne auf der obersten Leiter stehen möchte, kann da oben keinen Gott gebrauchen. Wer gerne über andere bestimmen möchte, der will keinen über sich haben, dem er verantwortlich ist. Wer neue Götter einführen möchte, neue Kulte, neue Verhaltensweisen, der muss versuchen, Gott vom Thron zu stoßen – und machen Sie mal die Augen auf: Wie viel neue Kulte, Religionen, Götter in unserer Gesellschaft eingeführt werden sollen. Merken Sie, wie sehr es auch um Machtfragen geht, darum, wer in der Gesellschaft den Ton angibt? Es wird mit harten Bandagen gekämpft, wenn es um Gott geht. Verleumdungen, Totschweigen, Lächerlichmachen, Verdrehen von Tatsachen. Das ist ganz einfach zu durchschauen: Wie durchsichtig das alles immer ist. Es geht meistens um zwei Themen: Man möchte sich von Gott nichts vorschreiben lassen, wenn es um Sexualität geht und wenn es darum geht, ein bestimmtes Menschenbild durchzusetzen. Daran entzünden sich viele dieser Bücher. Und dazu sagt der Petrusbrief: sie stoßen sich an ihm, weil sie nicht an das Wort glauben, wozu sie auch bestimmt sind.
Da ist so ein kleiner Satz, der uns komisch aufstößt: „Sie wollen nicht glauben, wozu sie auch bestimmt sind“? Nun erst einmal ist das beruhigend zu wissen: Wenn sich Menschen gegen Gott, gegen Jesus Christus, gegen uns wenden, dann können sie gar nichts dazu. Gott will das so. Sie sind also genauso in Gottes Hand wie wir alle. Aber warum will Gott, dass sie nicht glauben wollen? Da hat der Petrusbrief eine geniale Antwort drauf:
Ihr aber seid das auserwählte Geschlecht, die königliche Priesterschaft, das heilige Volk, das Volk des Eigentums, dass ihr verkündigen sollt die Wohltaten dessen, der euch berufen hat von der Finsternis zu seinem wunderbaren Licht.
Sie wollen nicht glauben, damit ihr ihnen das verkündet, was Gott gutes getan hat. Denn er hat ja auch euch die ihr einst »nicht ein Volk« wart, nun aber »Gottes Volk« seid, und einst nicht in Gnaden wart, nun aber in Gnaden seid berufen. Er hat ja auch euch aus der Finsternis zu seinem wunderbaren Licht berufen. Ihr wart ja genauso – und vielleicht seid ihr es immer wieder mal, dass ihr dem Wort nicht glauben wollt, dass ihr euch am Wort Gottes ärgert – und nun hat er euch berufen aus der Finsternis zu seinem wunderbaren Licht. Und das soll sich die Gemeinde hinter die Ohren schreiben: Auch dann, wenn ihr von allen Seiten bedrängt werdet legt nun ab alle Bosheit, allen Betrug, Heuchelei, Neid und alle üble Nachrede. Und stattdessen:
verkündigt die Wohltaten dessen, der euch berufen hat von der Finsternis zu seinem wunderbaren Licht.
Glaubende leben in einem wunderbaren Licht. Ich frage Sie: Sagen Sie auch, dass Gott Sie aus der Finsternis herausgerufen hat und Sie nun in seinem wunderbaren Licht leben? Was hat es mit diesem Licht auf sich?
Es geht nicht um Mystik, nicht um Geheimnisvolles, nicht um Heiligenschein und Gotteslicht. Dem Petrusbrief geht es um etwas ganz einfaches – und dennoch um das Schwerste, das man sich vorstellen kann. Das wunderbare Licht, von dem er spricht, ist eine neue Verhaltensweise. Glaubende leben anders als die Menschen um sie herum.
– Gottes wunderbares Licht: Freiheit. In schlimmen Zeiten, auch in Knechtschaft moderner Zeit müssen Glaubende nicht klagen, sondern können frei sein, weil sie wissen: sie sind Könige, sie sind Priester. Gott hat sie erhoben – und können Menschen sie da wirklich erniedrigen?
– Gottes wunderbares Licht: Kraft. Schmerzen des Körpers sind da, aber sie gehören Gott, der in Jesus Christus ebenfalls geschlagen und gefoltert worden war – Schmerzen sind da, aber Jesus Christus ist auch da, der Glaubende tragen hilft, der Kraft gibt in der Finsternis.
– Gottes wunderbares Licht: Ausdauer. Wenn Familienangehörige nicht an Gott glauben, sie den Glaubenden vielleicht sogar verraten haben – wie neulich wieder: Ein muslimischer Vater hat seinen Sohn verraten, weil er Christ geworden ist, und hat damit viel Unheil angerichtet; auch dann, wenn zwischen den Menschen, denen ich vertraute und mir hohe Mauern errichtet werden – über das Gebet, über Gott, kann man sich mühen, dass diese Menschen neu, menschlich werden.
– Gottes wunderbares Licht: Segnen. In einem Vers des Petrusbriefes heißt es: „Segnet, weil ihr den Segen erben werdet“ – was für ein Satz! Beschenkt andere mit der Gottesfülle – weil ihr sie bekommen werdet – ja, weil ihr sie schon habt! Ihr dürft Gutes austeilen mit vollen Händen – weil Ihr das alles schon habt! Ich kannte einen Mann, der, sobald er in einen Bus stieg, Gott gebeten hat, den Segen auf diese Menschen zu legen. Er schaute sie sich einzeln an und sprach ein Segensgebet. Warum? Weil er von Gott schon gesegnet wurde, konnte er den Segen weitergeben.
– Gottes wunderbares Licht: Größe. Wir müssen uns in unserem Leben nicht über andere erheben. Wir müssen sie nicht schimpfen und zeigen, dass wir stärker sind, dass wir Recht haben, dass wir besonders sind. Warum nicht? Weil wir die Milch von Jesus Christus und seine Freundlichkeit in der ganzen Fülle trinken dürfen! Er hat uns groß gemacht – warum sollten wir uns noch über andere erheben müssen? Er hat uns alles gegeben – warum sollten wir noch neidisch sein?
– Gottes wunderbares Licht: Lebensziel. Am Ende des Lebens erwartet uns nicht das Nichts. Es erwarten uns nicht die Dunkelheit, die Angst, die Schmerzen. Uns erwartet einer, an dessen Brust wir jetzt schon liegen, auf dessen Schoß wir jetzt schon sitzen. Die Freundlichkeit unseres Herrn Jesus Christus wird uns in aller Fülle umstrahlen, wird uns in sich aufnehmen.
Ich habe nur sechs Lichtstrahlen gezeigt – Freiheit, Kraft, Ausdauer, Segen, Größe, Lebensziel –, in denen wir Christen stehen. Wir stehen nicht mehr in der Finsternis, sondern in diesem Licht. Wenn wir dieses Licht kennen, dann machen uns Menschen traurig, die dieses Licht nicht kennen. Was entgeht ihnen nicht alles. Das merken auch einige denkende Menschen, die nicht an Gott glauben können. Sie wollen es, aber sie können nicht. Das Leben auf der Erde ist für sie nur der Wartesaal auf den Tod. Mühsames und erschrockenes Warten auf den Zug ins Nichts. Sagen wir den Menschen von dem wunderbaren Licht, das aus der Finsternis herausführen kann. Sagen wir es ihnen – in aller Liebe und Geduld.