Eine Anmerkung: Wir haben in unserer Kirche manchmal Denk-Mahl-Gottesdienste. Das heißt: Wir beginnen mit der Darreichung des Brotes – besprechen dann ein Thema – essen gemeinsam zu Abend – singen Abendlieder — beschließen den Gottesdienst mit der Herumgabe des Kelches. Das kann in der Corona-Zeit so nicht stattfinden. Die Predigt bekommt aber durch diesen Kontext einen stärker bekennenden Charakter.
Der für den heutigen Sonntag vorgeschlagene Predigttext steht im ersten Brief des Paulus an die Korinther im dritten Kapitel:
Wir sind Gottes Mitarbeiter; ihr seid Gottes Ackerfeld und Gottes Bau. Ich nach Gottes Gnade, die mir gegeben ist, habe den Grund gelegt als ein weiser Baumeister; ein anderer baut darauf. Ein jeder aber sehe zu, wie er darauf baut. Einen anderen Grund kann niemand legen als den, der gelegt ist, welcher ist Jesus Christus. Wenn jemand aber auf den Grund baut Gold, Silber, Edelsteine, Holz, Heu, Stroh, so wird das Werk eines jeden offenbar werden. Der Tag des Gerichts wird ’s klar machen; denn mit Feuer wird er sich offenbaren. Und von welcher Art eines jeden Werk ist, wird das Feuer erweisen. Wird jemandes Werk bleiben, das er darauf gebaut hat, so wird er Lohn empfangen. Wird aber jemandes Werk verbrennen, so wird er Schaden leiden; er selbst aber wird gerettet werden, doch so wie durchs Feuer hindurch. Wisst ihr nicht, dass ihr Gotte Tempel seid und der Geist Gottes in euch wohnt? Wenn jemand den Tempel Gottes zerstört, den wird Gott zerstören, denn der Tempel Gottes ist heilig – der seid ihr.
Aus dem Predigttext nehme ich für die Predigt einen Satz heraus, einen Satz, der es in sich hat:
Einen anderen Grund kann niemand legen als den, der gelegt ist, welcher ist Jesus Christus.
Gehen wir in einen Dom, dann schauen wir uns die schönen Fenster an, die großartige Höhe, die Kunst der Glasmalerei, die Bildhauerkunst – und staunen, wie die Vorfahren das haben machen können. Doch der Grund, das Fundament, auf dem der ganze Dom steht, der ist unscheinbar, der zieht keine neugierigen Blicke auf sich. So geht es auch mit anderen imposanten Gebäuden: Wer schaut schon auf den unscheinbaren, ja unsichtbaren Grund? Jesus Christus ist der unscheinbare Grund, der von Gott gelegt ist, der einzige Grund. Gelegt von Gott dem Schöpfer des Himmels und der Erde, und wir Menschen dürfen dazu beitragen, dass er ein wenig sichtbar wird.
Jesus Christus ist der Grund und niemand anders.
Diese Aussage finden viele unangemessen, weil sie andere Fundamente, seien es Allah, Buddha, Philosophie – und wie sie alle heißen – ablehnt. Doch: Warum sollte es uns verwehrt sein, unseren Grund, auf dem wir Christen stehen, zu verschweigen, während sie alle auch von dem sprechen, was sie als Wahrheit ansehen? Warum sollen wir nicht zu unserem Gott stehen, dem Gott, der unser Ein und Alles ist? Dem Gott, der uns liebt, der sich den Menschen zuwendet? Warum sollten wir uns nicht an Jesus Christus halten, der immer schon von anderen relativiert und kleingemacht wurde, weil sie nicht ertragen, dass es einen gibt, der unvergleichlich größer ist als sie. Die schlauen philosophischen Aufklärer wie unbekannte Menschen auf den Straßen meinten, es sei albern, sich an Jesus Christus zu halten. Philosophen und viele andere meinten und meinen, er sei zwar ein großer Mensch gewesen, aber ihre Philosophie sei größer. Wirtschaftsleute hielten ihm vor, er habe von Wirtschaft keine Ahnung, habe immer noch nicht die Menschheit gebessert, die weltweite Wirtschaft sei mit ihrer Moral inzwischen weiter. Die Arier dachten, man könne ihn übergehen, weil er Jude gewesen sei oder machten ihn flugs auch zu einem menschenverachtenden arischen Ideologen. Heute will man ihn verschiedensten Religionsstiftern unterordnen – und manche gründen ihre eigenen Religionen. Warum sollen wir nicht zu unserem Gott stehen, dem Gott, der unser Ein und Alles ist? Dem Gott, der uns liebt, der sich in Jesus Christus uns Menschen zuwendet?
Doch warum ist Jesus Christus der Grund, das Fundament von Mensch und Welt? Weil Gott selbst ihn gelegt hat.
Und was für einen Grund bietet er mir? Was bedeutet Jesus Christus mir?
Zunächst einmal die Sündenvergebung. Jeder und jede kennt das: Denken wir an eine oder mehrere Begebenheiten der Vergangenheit. so bekommen wir Hitzewallungen, weil wir wissen: Da sind wir uns und anderen Menschen gegenüber oder Gott gegenüber schuldig geworden. Wir können es nicht wieder gut machen. Jesus Christus vergibt uns unsere Schuld. Ohne Wenn und Aber setzt er unsere Füße auf weiten Raum, er befreit uns, lässt uns unseren Weg neu gehen. Er sagt: „Ich verurteile dich nicht. Tue es nicht wieder und geh hin in Frieden!“ Jesus Christus ist unser Grund, weil er unser Leben erneuert. Und was ist, wenn die Hitzewallungen wiederkommen? Dann können wir uns sagen: „Reg dich nicht auf, dir wurde vergeben. Jesus Christus, ich lege dir dieses Gefühl in die Hände, schenke mir deinen Frieden. Ich bin Tempel deines Heiligen Geistes – nichts kann mich von dir trennen.“
Was bietet unser Fundament Jesus Christus noch? Was bedeutet er mir noch?
Ewiges Leben. Jesus Christus ist von den Toten auferstanden. Er ist der erste der Lebenden und wir werden mit ihm leben. Dass Jesus Christus lebt, das wird uns verkündigt, dass er lebt, das können wir auch selbst erfahren. Und erfahren wir das selbst, dann benötigen wir nicht mehr die ewige Wiedergeburt, die manche sich so schön vorstellen. Wir benötigen keine neuen Lebensgesetze und Weltweisheiten, an die wir uns halten müssen, um ewiges Leben zu bekommen: Der Grund ist gelegt, Jesus Christus.
Neulich sah ich ein Trauerkärtchen, darauf stand: „Wenn ihr die Sterne am Firmament seht, dann denkt an mich. Auf einen dieser Sterne lebe ich“. Das klingt schön. Das klingt zu Herzen gehend. Aber das hätte Paulus anders gesagt, ich formuliere das mal mit eigenen Worten:
Wenn ich gestorben bin
und du die Sterne siehst,
denk nicht, ich sei dort.
Wenn ich gestorben bin
und du mich in Träumen siehst,
denk nicht, ich sei da.
Wenn ich gestorben bin
und du die Bäume siehst,
denk nicht, ich sei ihre Kraft.
Wenn ich gestorben bin
und du von Christus hörst,
dann wisse: Ich bin in Ihm.
Ich bin in Ihm,
ich bin in dem, dem Stern,
Träume und Bäume gehör´n.
Wir sind in Jesus Christus. Wie wir es jetzt sind, so werden wir es ewig sein. Denn Jesus Christus ist der Grund, auf dem Glaubende stehen. Heute und ewig.
Was bietet unser Fundament Jesus Christus noch?
Jesus Christus ist der Grund unseres Verhaltens. Christen, die Jesus Christus nachfolgen, an ihm hängen, wie kleine Kinder am Rockzipfel der Mutter, verhalten sich anders. Sie vergeben und lassen sich vergeben. Sie helfen, wo Hilfe nötig ist. Sie hören zu. Sie achten die Geringen. Und sie wissen: Ich bin gering und liege Gott besonders am Herzen. Mögen andere noch so prahlen in ihrer vermeintlichen Größe: Ich bin in Jesus Christus. Er ist meine Stärke und meine Kraft. Und wenn es häufig auch anders aussieht und Christen häufig auch auf ganzer Linie versagen, so kämpfen sie wenigstens gegen dieses ihr Versagen an. Und wenn ich selbst ein Leben geführt habe, das Gott nicht erkennen, nicht durchscheinen lässt – ich überlasse die Beurteilung Gott und gräme mich nicht. Denn, was zählt, ist, was der Apostel Paulus schreibt: Ich bin Tempel des Heiligen Geistes, nichts kann mich von Gott trennen. Auch das bedeutet mir Jesus Christus als Fundament.
Was bietet das Fundament Jesus Christus noch? Warum ist er mir so bedeutsam?
Haben wir Angst, dann müssen wir nicht kopflos werden:
Jesus Christus ist unser Fundament.
Versagen wir, müssen wir nicht haltlos werden:
Jesus Christus ist unser Fundament.
Fallen wir in Verzweiflung, müssen wir nicht am Boden bleiben:
Jesus Christus ist unser Fundament, wir können nicht tiefer fallen als auf ihn.
Gähnt uns die Dunkelheit an und denken wir, alles sei sinnlos:
Jesus Christus ist das Fundament, auf das wir bauen können.
Er trägt uns durch Not hinweg,
er legt uns seine Hand auf, wenn Schmerzen kommen,
er richtet unser Haupt auf, wenn wir erniedrigt werden,
er führt uns ins ewige Leben, in das Leben mit ihm.
Er, er, immer er.
Manche von uns haben es schon erfahren, und es wäre schön, wenn sie diese Erfahrungen weitergeben würden. Manche von uns haben es schon in der größten Niederlage erfahren und können es darum am kompetentesten weitergeben. Warum können sie das? Das können sie, weil im inneren Kampf das Leben mit Jesus Christus, dem Grund, immer enger verbunden wird. Durch Schmerzen, Mitleiden und eigenes Leid wachsen Mensch und Jesus Christus zusammen. Bis letztendlich Jesus Christus selbst durch sie hindurchscheint.
Wir Glaubenden sind schon eine besondere Menschengattung. Alles spricht im Grund gegen Gott, dennoch wissen wir, dass er den Grund gelegt hat, dass er das Fundament ist. Weil wir wissen, dass er die Welt regiert, können wir uns sogar in umso schlimmere Verzweiflung stürzen, weil wir unser Leid, das Leid in der Welt nicht mit seiner Güte in Verbindung bringen können. Dennoch bleiben wir an ihm. Manchmal stehen wir auf diesen Grund, suchen jedoch mit unseren Händen nach Halt und finden keinen und meinen, allein zu sein, allein auf uns gestellt und fühlen uns einsam und überfordert. Doch wir lassen uns nicht lange irritieren, denn wir stehen schon auf diesem Grund. Wir lassen unsere Sinne nicht vernebeln mit positivem Denken und irgendwelchen Glückswegen und Glücksversprechen und aufgeblähter Hokuspokus-Hoffnung, weil wir wissen: Das Leben ist anders, nicht weichgezeichnet, sondern das Leben ist hart. Auch heute noch. Aber in dieser Härte haben wir Jesus Christus, der mit uns ist. Auch wir Christen denken uns Schönes aus – doch wir wissen: Allein Jesus Christus ist das Fundament.
Ein Grund muss nicht schön aussehen, er muss nicht lächeln, nicht Phantasien anregen, nicht allen öffentlich sichtbar sein und bewundert werden, kein Verkaufsschlager sein. Hauptsache ist, er trägt.
Nicht wahr?
Einen anderen Grund kann niemand legen als den, der gelegt ist, welcher ist Jesus Christus. Amen.