Unser Glaube ist der Sieg, der die Welt überwunden hat. (1. Johannesbrief 5,4)
Was für ein Wort! Wir sind Sieger! Wie fühlt sich ein Sieger? Wenn er seinen Sieg ehrlich errungen hat: Gut. Er fühlt sich großartig, stark, befreit von der Last, befreit von Sorgen! Und so hat unser Glaube uns Sieg geschenkt, die Welt kann uns nicht mehr besiegen, wir haben sie überwunden. Nun schauen wir uns an. Was sind wir für Sieger? Wir humpeln und murren durchs Leben. Wir zackern und klagen herum. Wir nehmen gar nicht wahr, dass wir schon längst gesiegt haben. Wir kämpfen weiter und weiter, verausgaben uns und verwunden uns. Ja, so sind wir. Aber heißt es, dass der strahlende Sieger immer unversehrt ist? Wir sind Sieger. Wir sind großartig und stark – aber mit den Blessuren, die das Leben mit sich brachte. Über all das, was wir an körperlichen und seelischen Wunden und Narben mit uns herumtragen, können wir stolz sein. Wie Sieger eben: All das hat uns nicht kleingekriegt, denn der Glaube ist unsere Stärke.
Unser Glaube ist der Sieg, der die Welt überwunden hat (1. Johannesbrief 5,4).
Unser Glaube ist der Sieg, der die Welt überwunden hat. Was für ein Satz des Apostels, der mit den anderen Jüngern mit Jesus durch Galiläa gezogen war. Was für eine Zuversicht spricht daraus, wie hochgemut muss dieser Glaube sein, wie freudig, stolz ist er über diesen Glauben. Und dann sehen wir unseren Glauben an: Wir halten ihn zurück. Wir werfen ihn gar nicht mehr in den Kampf, sondern halten ihn zurück, ziehen den Schwanz ein, er kennt keine Siege – aber auch keine Niederlagen, weil wir ihn forthalten aus allen Auseinandersetzungen. Und so verkümmert er wie ein Pflänzchen ohne Licht und Wasser. Keiner bemerkt ihn. Wie kann der Apostel Johannes vom Sieg des Glaubens sprechen, der die Welt überwunden hat? Weil er auf den schaut, von dem der Glaube kommt. Er ist kein Leisetreter, sondern lässt seinen Glauben von Christus bestimmt sein. Wollen wir die Welt eigentlich überwinden? Sie ist doch so schön! Irgendwann muss sie jeder hinter sich lassen. Aber darum geht es hier nicht. Hier geht es darum, sich in der Welt, die ja im Kern gute Schöpfung Gottes ist, nicht von dieser Welt mit ihren guten und bösen Seiten bestimmen, beherrschen zu lassen. Der Glaube ist der Sieg, da er in dieser Welt mit Gott lebt – und sie darum überwunden hat.
Unser Glaube ist der Sieg, der die Welt überwunden hat (1. Johannesbrief 5,4).
Eine alte Frau lebte in ihrem Zimmerchen. Tagaus, tagein. Sie wurde geplagt von kleinen Schmerzen, die ihr aber sehr groß schienen. Sie ärgerte sich maßlos über Menschen, die sich ihr gegenüber ein wenig anders verhalten haben, als sie es sich gewünscht hatte. Lange hafteten ihre Gedanken an diesen Unpässlichkeiten. Sie wurde immer grantiger und missmutiger. Auch wies sie Menschen von ihrer Tür zornig weg. Eines Tages bekam sie einen Brief. Der König möchte mal sehen, wie alte Menschen in seinem Land so leben und so plane er, sie in zwei Wochen zu besuchen. Sie wurde ganz aufgeregt. Sie machte Pläne für das Essen, sie räumte auf, sie putzte. Sie kaufte Blumen und buk und kochte und wusch und zupfte. Die kleinen Schmerzen plagten sie nicht mehr. Kam ihr ein anderer Mensch quer, nahm sie es nicht übel, bemerkte es gar nicht; und wenn ein Mensch an ihre Tür kam, überhäufte sie ihn mit dem Selbstgebackenem. Sie konnte nicht mehr übellaunig sein, denn sie hatte anderes zu denken und tun: Der König kommt. Sie hatte ein anderes Ziel: Dem König sollte es gut bei ihr gehen und mit ihm allen Menschen.
Und so geht es auch Christinnen und Christen. Sie schauen auf den kommenden König, sie schauen auf den, der sie zu sich nehmen wird. Er steht ihnen im Sinn. Er allein. Und so prägt dieser König den Alltag der Christen.