Angedacht 2 (2012-1016)

1. Brief des Petrus 1,3: Gelobt sei Gott, der Vater unseres Herrn Jesus Christus, der uns nach seiner großen Barmherzigkeit wiedergeboren hat zu einer lebendigen Hoffnung durch die Auferstehung Jesu Christi von den Toten.

Wir, Du, Ich, Ihr, Sie – wir sind Botschafter der Hoffnung auf die Auferstehung, wir sind als Glaubende Symbole der Hoffnung auf ein ewiges Leben bei Gott, wir verfallen – aber durch uns hindurch wird das neue Leben in Gott sichtbar. Wer Augen des Glaubens hat, sieht das, wer mit den Ohren des Geistes Gottes hört, hört das, freut sich und ist glücklich.

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Wohl dem Volk, dessen Gott der Herr ist, dem Volk, das er zum Erbe erwählt hat.(Psalm 33,12)

Wohl dem Volk, das Gott nicht braucht – so scheint mancher zu denken – so scheinen sehr viele in unserem Land zu leben. Wir brauchen Gott nicht. Keiner braucht Gott. Brauchen wir Gott beim Einkaufen? Brauchen wir Gott im Beruf, im täglichen Allerlei? Es geht auch ganz gut ohne Gott.

Wie kommt der Psalmsänger darauf, das Gegenteil zu behaupten? Ein Volk, das sich Gott unterordnet, das im Licht Gottes gehen möchte, ist auch in den geschichtlichen Dunkelheiten, die zwangsläufig immer wieder kommen, nicht allein. In Zeiten wirtschaftlicher Egoismen suchen Menschen, die zu Gott gehören, nicht ihren eigenen Vorteil, sondern das der Gemeinschaft; in Zeiten, in denen Vertrauenslosigkeit herrscht, kann man Menschen, die zu Gott gehören, vertrauen; in Zeiten, in denen die Starken über die Schwachen hinwegfegen und sie ausnützen, stehen Menschen, die zu Gott gehören, auf der Seite der Schwachen; in Zeiten der Feindseligkeiten suchen Christen gemeinsame Wege. Tun Christen das? Tun Menschen Gottes das? Wenn sie ihren Lebensweg mit Gott gehen, ja. Irgendwer hat mal gesagt: Ich würde lieber in einer christlichen Gesellschaft leben – mit all ihren Macken, die sie hat – als in einer nichtchristlichen Gesellschaft. Wohl dem Volk, dessen Gott der Herr ist.

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 Dazu ist erschienen der Sohn Gottes, dass er die Werke des Teufels zerstöre (1Joh 3,8)

Das Wort „Teufel“ kommt aus dem Griechischen und hat die Bedeutung: „Verwirrer“. Der Teufel ist also der, der alles durcheinander bringt, der Menschen verwirrt, der den Menschen so sehr verwirrt, dass er Gott nicht mehr sehen kann und darum richtungslos durch sein Leben läuft. Ihr kennt das Spiel. Man verbindet einem die Augen, dreht ihn ein paar Mal herum, und dann muss er den richtigen Weg finden. Das ist im Spiel ganz lustig, aber im Leben ist das schlimm, wenn man so verwirrt wird. In den letzten Wochen und Tagen verunsichern große Verwirrungen uns Menschen: Was geschieht in den islamischen Staaten? Wer wird sich durchsetzen? Werden es in Ägypten, Tunesien und Pakistan die Gewalttäter sein? Christen leben dort überall in großer Angst, weil sie ständigen Angriffen des Mobs ausgesetzt sind. Das schlimme Ereignis in Japan bringt uns Menschen ganz durcheinander. Was hat nicht gerade Japan alles dafür getan, dass Menschen möglichst sicher leben. Regelmäßige Erdbebenübungen, Häuser wurden erdbebensicher gebaut. Und das war auch alles gut so, weil es sicher noch viel mehr Leid verhindert hat – und dennoch: der Mensch erkennt, wie klein und hilflos er ist angesichts dieser gewaltigen Naturkatastrophen. Er wird ganz verwirrt. Seine kleine heile Welt wird zwar ständig durcheinandergewirbelt – aber bei solchen großen schlimmen Ereignissen merkt er doch sehr deutlich: Wer ist eigentlich der Mensch? Ist er mehr als ein Spielball von Mächten und Kräften, denen er ausgeliefert ist, von denen er hin und her gebolzt wird? Der Verwirrer ist am Werk, weil er uns durch solche Gedanken von Gott abbringen will. Doch wir dürfen wissen: In allen Nöten, Schwierigkeiten und Sorgen, selbst im Tod, gehören wir dem, der uns liebt: Wir gehören Gott in Jesus Christus. Und weil wir allein ihm gehören, müssen wir uns nicht verwirren lassen, sondern können auch trotz aller Traurigkeit sachlich da anpacken, wo Hilfe nötig ist.

Gott segne Euch in allen Verwirrungen mit seiner Kraft, seiner, Ruhe, seinem Halt.

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 Wer seine Hand an den Pflug legt und sieht zurück, der ist nicht geschickt für das Reich Gottes (Lukas 9,62)

 Was meint Jesus damit? Es gibt eine Unmenge in der Vergangenheit, das uns Menschen fesseln kann. Es fesseln uns Erlebnisse, an die wir nicht mit Freude denken, es fesseln uns materielle Dinge, die wirklich nicht wichtig sind im Leben, es fesseln uns Ängste, Befürchtungen, Rätsel, Fragen, Leiden. Eine ganze Menge schleppen wir hinter uns her. Doch all das, soll uns nicht mehr behindern, sondern es gilt, nach vorne zu sehen, es gilt, das Reich Gottes ein wenig mit unserer Liebe, dem Licht, der Wärme Gottes aufglitzern zu lassen. Auf das schauen, was vor uns liegt – auf Gottes Welt, sie mit dem, was in unseren Kräften liegt, ahnen und spüren zu lassen, das soll uns beschäftigen. Wenn wir ständig mit Begehren oder Bangen auf das Vergangene schauen, dann kommen wir nicht weit – wie der Landwirt nicht weit kommt, der beim Pflügen ständig nach hinten schaut – oder der Autofahrer, der beim Vorwärtsfahren rückwärts schaut.

Der Menschensohn ist gekommen, zu suchen und selig zu machen, was verloren ist (Lukas 19,10)

 Es gibt Menschen, die sind sich in allem sehr sicher. Sie sind stark, sie sind sich ihres Lebens und ihrer Weltanschauung gewiss, sie sind wie Steine in der Brandung. Und es gibt Menschen, die sind verunsichert, sie wissen nicht so richtig, wie sie ihr Leben führen sollen, sie haben an sich viel herumzumeckern, sie denken, sie machen alles falsch – diese Menschen fühlen sich in allem verloren und zu weich für diese Welt. Jesus kommt in seiner Liebe zu diesen Menschen, um sie zu stärken, um ihnen Mut zu machen. Und die Menschen, die so sicher scheinen wie Steine in der Brandung? Auch sie sind im Grund schwach, wagen es jedoch sich und anderen nicht einzugestehen. Und wenn sie es erkennen – dann können auch sie bei Jesus Christus ihre Zuflucht und wirkliche Stärke finden.

Sacharja 4,6:

Es soll nicht durch Heer oder Kraft, sondern durch meinen Geist geschehen, spricht der Herr.

 Was für eine Macht hat das Unscheinbare: Die Gräser. Wenig in ihrer Schönheit beachtet. Man geht gegen sie vor, mit allen Mitteln, entwurzelt sie, köpft sie, isst sie – selbst mit chemischen Keulen – doch sie verbreiten sich, verbreiten sich, verbreiten sich. Unaufhaltsam. Zwischen Steinen, in Regenrinnen, auf Mauern, im Sand. Wenig beachtet – doch viele von ihnen blühen ganz zart, zart duftend, wunderschön. Für den, der sehen gelernt hat.

 Das ist der Weg des Geistes Gottes. Die unscheinbare Liebe hat er in die Welt gesetzt. Geschunden, getreten, verfolgt, verachtet, erniedrigt – aber sie setzt sich durch und wird sich durchsetzen. Denn:

 Es soll nicht durch Heer oder Kraft, sondern durch meinen Geist geschehen, spricht der Herr.

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Singet dem Herrn ein neues Lied, denn er tut Wunder. Psalm 98

Ich vermute einmal, dass Gott mehr Klagen und Bitten zu hören bekommt, als Dank und fröhliche Lieder. Nun mag so mancher denken: Nun ja, wir bekommen ja von Gott auch keine Wunder zu sehen. Dazu eine kleine Geschichte: Zwei Arbeitskollegen gingen unabhängig voneinander denselben Weg zur Arbeit. Als sie sich in der Pause trafen, erzählte der eine ganz begeistert von den gutgelaunten Menschen, die ihn auf dem Weg begrüßt hätten, erzählt von den bunten Blumen, den Vogelstimmen, den grünen Bäumen, er erzählt von dem Marienkäfer, der auf seinem Arm gelandet ist… Und der andere sagte missmutig: Ich habe nichts gesehen, alles war so grau in grau. Menschen gafften wie immer blöd herum, überall war Hundedreck und hingeworfenes Papier. Und fragte: Welchen Weg bist du denn heute gegangen? Da antwortete der andere, den wir immer gehen.

Gott tut keine Wunder? Vielleicht nicht so spektakulär. Man muss es lernen, Wunder Gottes zu sehen, man muss sie sehen wollen, man muss Gott gegenüber offen sein. Gott wirkt nicht unbedingt, was wir wollen – aber sehen zu können, was er an uns wirkt, das ist schon ein Wunder. Darum: Singet dem Herrn ein neues Lied, denn er tut Wunder.

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Welche der Geist Gottes treibt, die sind Gottes Kinder (8,14)

 Der Geist Gottes treibt an. Er ist keine Schlafpille, er beruhigt und besänftigt nicht – er setzt Gottes Kinder auf den Lebensweg. Er führt Gottes Kinder ganz eigenartige Wege, manchmal. Und was für Wege er manchmal führt, welche Haltung und Handlung er fordert, das ist für Außenstehende und die Kinder Gottes selbst oft nur schwer zu verstehen. Der Geist Gottes ist es, der von Gottes Kindern Wege gehen lässt, die die Welt vorher noch nie gesehen hat. Er lässt sie solche eigenartigen Wege gehen, weil Gott selbst sie vorangegangen ist: Gott selbst wurde im Kind Jesus kleines Menschlein – und Gottes Kinder sollen sich nicht ihrer Stärke und Macht rühmen; Gott lässt sich in Jesus Christus von Menschen erniedrigen, erniedrigen bis hin zum Tod am Kreuz – und Gottes Kinder sollen nicht dabei sein, wenn andere erniedrigt werden. Im Gegenteil, sie sollen sich nicht scheuen, sich selbst erniedrigen zu lassen. Gott selbst liebt in Jesus Menschen, die Menschen nicht als liebenswert ansehen – und wir können mit Gottes Geist Menschen lieben.

Dazu ist erschienen der Sohn Gottes, dass er die Werke des Teufels zerstöre. 1Johannes 3,8b

 Wir wundern uns heute über diese Sprache, wenn wir hören: Werke des Teufels. Doch was sind die Werke des Teufels? Das Wort Teufel kommt aus dem Griechischen und bedeutet: Durcheinanderwerfer, Verwirrer, Verleumder. Der Schreiber unseres Johannesbriefes verbindet mit dem Teufel ein gottloses Leben. Es ist ein Leben, das das Verhältnis des Menschen zu Gott und der Menschen untereinander durcheinander bringt, Menschen verwirrt, sie auf dem Weg des Bösen setzt. Wir Christen kennen die so genannten sieben Todsünden, die Ausdruck für das gottlose Leben sind: Stolz, Neid, Zorn, Faulheit, Habgier, Völlerei (also: unmäßig essen), Unkeuschheit (also: seine Sexualität nicht unter Kontrolle zu haben). Wer dem Sohn Gottes, von ganzem Herzen und mit seinem Verstand folgt, der versucht, sich von diesen Todsünden fernzuhalten. Warum? Weil sie Zwietracht unter die Menschen säen, Streit, Auseinandersetzungen, Hass. Sie verhindern ein gutes Zusammenleben der Menschen, sie zerstören die Gemeinschaft, sie zerstören unsere Gesellschaft. Und wer dem Sohn Gottes folgt, ist dazu aufgefordert, sich so zu verhalten wie Jesus – in Liebe dem anderen zugewendet. Und das bedeutet gleichzeitig Absage von den sieben Todsünden: von Stolz, Neid, Zorn, Faulheit, Habgier, Völlerei, Unkeuschheit.

1.

Wir sahen seine Herrlichkeit, eine Herrlichkeit als des eingeborenen Sohnes vom Vater, voller Gnade und Wahrheit.

Wir sahen Jesu Herrlichkeit. Die Jünger sahen in Jesus Gottes Herrlichkeit. In diesem Menschen. Das ist das Spannende an unserem christlichen Glauben: Es ist uns ermöglicht, Gott da zu finden, wo ihn andere Religionen nicht erkennen können. Gott der Schöpfer aller Welt ist im Menschen anwesend. Gott der Herrscher ist im leidenden Menschen anwesend, in dem, der verfolgt wird, gefangen ist, Hunger und Durst hat, er ist erkennbar im vernachlässigten Kind, in dem grauenvollen Tod – und sogar im grausamen Kreuzestod Jesu. Er ist erkennbar in den Trauernden, denen, die unterdrückt sind und sich nach Gerechtigkeit und Frieden sehnen. Gott ist da, wo wir ihn nicht vermuten. Wir suchen ihn im Hellen, Schönen, Fröhlichen, Machtvollen. Nein, Jesus lehrt uns in der Herrlichkeit Gottes: Gott lässt sich finden, wo wir ihn nicht suchen. Indem er sich in den tiefsten Tiefen menschlichen Erlebens finden lässt, erkennen wir seine strahlende Herrlichkeit – auch durch Tränen hindurch. Wir fliehen alle das Dunkle – aber er sucht es auf, um uns dort zu finden, wo wir sind. Warum? Um uns zum Hellen, Schönen, Fröhlichen, machtvollen zu führen.

2.

 Wer seine Hand an den Pflug legt und sieht zurück, der ist nicht geschickt für das Reich Gottes. (Lukasevangelium 9,62)

Das ist ein hartes Wort Jesu. Wir sollen nicht zurück schauen, zurück in die Vergangenheit, wir sollen nicht stehen bleiben und einfach nur: stehen. Wir sollen nach vorne schauen, nach vorne gehen – und indem wir nach vorne gehen und dabei nach vorne schauen, können wir gut pflügen, können wir das Feld Gottes gut bereiten.

Was meint Jesus damit? Das kommende Reich Gottes, die gute Herrschaft Gottes, in der es kein Leiden mehr gibt, in dem Gerechtigkeit herrscht, in der Liebe die Menschen regiert – diese liegt in der Zukunft. Wir sollen auf sie schauen – und während wir auf Gottes kommende gute Herrschaft schauen, gehen wir unseren Lebensweg nach vorne. Die gute Zukunft Gottes soll schon jetzt unser Leben prägen: Das Leiden, das Gott aufheben wird, das sollen wir schon jetzt bekämpfen. Die Gerechtigkeit, die Gott bringen wird, sollen wir schon jetzt umsetzen in unserer Gesellschaft, in der Wirtschaft – überall da, wo wir unseren Alltag leben. Die Liebe Gottes, die uns Menschen einmal vollständig regieren wird, soll jetzt schon in unseren Herzen Raum finden, damit wir in unserer Familie, in der Gemeinde, in unseren Vereinen liebend handeln.

Nach vorne sehen – auf die Zukunft Gottes sehen – das führt dazu, die Gegenwart im Sinne Gottes zu gestalten.

3.

 Christus spricht: Ich bin der gute Hirte. Meine Schafe hören meine Stimme, und ich kenne sie, und sie folgen mir; und ich gebe ihnen das ewige Leben. (Johannes 10)

 Christen sind Schafe – das Bild hat schon immer Spott hervorgerufen, dumm wie die Schafe trotteln sie durchs Leben. Wenn in der Bibel von Christen als Schafen gesprochen wird, dann immer in Beziehung zu Jesus. Sie folgen vertrauensvoll Jesus Christus, ihrem Herrn, dem großen Hirten der Seelen. Und das ist natürlich für Nichtchristen ärgerlich: Folgen Christen Jesus, folgen sie nicht den Nichtchristen und ihren Weltanschauungen. Und von daher sind die Christen für die Gegner einfach dumm wie die Schafe – obwohl sie klug sind und nicht allen menschlichem Gedöns nachfolgen, das gerade modern ist.

Und was ist das für ein Hirte, dem die Christen folgen? Er gibt sein Leben für sie aus Liebe hin. Er liebt sie so sehr, dass er sich nicht zu schade ist, für sie zu sterben. Und weil der Hirte diesen Liebes-Weg vorangegangen ist, folgen auch wir ihm, wenn wir sterben, in das ewige Leben.

 4.

So spricht der Herr, der dich geschaffen hat: Fürchte dich nicht, denn ich habe dich erlöst, ich habe dich bei deinem Namen gerufen, du bist mein.(Jesaja 43)

 Fürchte dich nicht, wird uns zugesagt. Doch wie passt das zusammen, dass Gott Menschen nicht immer beschützt? Die Aussage mag für viele befremdlich sein. Warum denn Glauben, wenn Gott nicht so eine Art Lebensversicherung für ein angenehmes Leben ist? Denken wir an die Propheten, vor allem an den Propheten Jeremia, denken wir an Jesus Christus – wer zu Gott gehört wird häufig mitten in das Getümmel der Welt geschickt, in die Bosheit und Gottesferne, uns Leiden. Warum? Die Menschen, die zu Gott gehören, sind wie Kerzen – und ihr Ziel ist es, dazu beizutragen, dass es in der Welt möglichst hell wird. Indem wir anderen Gottes Licht weitergeben, indem wir die Finsternis mit unserem Leben, den Taten und Worten erhellen.

Das bedeutet die Aussage, fürchte dich nicht, du bist mein: Wer weiß, dass er zu Gott gehört, darf sich in all dem Getümmel, dem Ärger, den Sorgen, den Angriffen, dem Leiden von Gottes Kraft und Nähe beglückt, aufgerichtet und ermutigt fühlen. Manchmal spürt man Gott nicht, man denkt, er sei ferne, man sei ganz allein. Doch es gilt die Zusage:

 So spricht der Herr, der dich geschaffen hat: Fürchte dich nicht, denn ich habe dich erlöst, ich habe dich bei deinem Namen gerufen, du bist mein.

5.

 Gott widersteht den Hochmütigen, aber den demütigen gibt er Gnade. (1 Petrus 5,5)

Die alten Stoiker – eine alte philosophische Richtung – sagen: Kämpfe nicht gegen das Schicksal, es kommt ja doch wie es kommt und du hast nur viel Kraft damit vergeudet, gegen das Schicksal anzukämpfen. Es ist hochmütig, sich gegen das Schicksal wenden zu wollen – sich demütig anpassen, das ist weise, ist klug, ist das einzig Sinnvolle. Das klingt unserem Wochenspruch Gott widersteht den Hochmütigen, aber den demütigen gibt er Gnade. ganz ähnlich – und ist doch himmelweit davon entfernt. Ein Wort bildet den Unterschied: Gott. Demütig sein heißt nicht, zu allem Ja und Amen zu sagen, heißt nicht, sich dem Schicksal einfach so einzuordnen. Demütig sein bedeutet, sich auf Gottes Liebe einzulassen, sich bei ihm geborgen zu fühlen und zu wissen, es bedeutet, sich von Gott aussenden zu lassen, um dem Schlimmen in der Welt zu begegnen, und seien unsere Taten gemessen an dem Schlimmem noch so klein. Demütig sein heißt, um seine kleine Kraft zu wissen, aber sie dennoch Gott zur Verfügung zu stellen, damit die Welt ein wenig besser wird.

Jesajabuch 60,2:

Über dir geht auf der Herr, und seine Herrlichkeit erscheint über dir. (Jesaja 60)

Nach dunkler Nacht geht die Sonne auf – und sie scheint hell. Der Mensch kann die Schönheit der Welt erkennen und er beginnt seine Arbeit.

Wenn Gott über uns aufgegangen ist, dann werden wir hell, und wir handeln zum Wohl der Menschen. Damit das Licht Gottes, das uns erhellt, auch andere Menschen stärkt, erfreut, in Liebe handeln lässt.

Im Licht seines Lichtes wachsen, wärmen, Helligkeit ausstrahlen, das ist ein, das ist das Lebensziel.

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Wir sahen seine Herrlichkeit, eine Herrlichkeit als des eingeborenen Sohnes vom Vater, voller Gnade und Wahrheit.

 Jesus Christus ging durch den Staub des damaligen Israel. Er hatte Hunger und Durst, er aß und trank, er hatte Gemeinschaft wie alle Menschen Gemeinschaft mit anderen haben, er kleidete sich wie alle in der damaligen Zeit, hatte einen Beruf – und doch war er anders, irgendwie anders. Und zwar so anders, dass der Evangelist bezeugt:

Wir sahen seine Herrlichkeit, eine Herrlichkeit als des eingeborenen Sohnes vom Vater, voller Gnade und Wahrheit.

In diesem Jesus aus Nazareth ist uns Gott begegnet. Jesus Christus ging durch den Staub des damaligen Israel. Er hatte Hunger und Durst, er aß und trank, er hatte Gemeinschaft wie alle Menschen Gemeinschaft mit anderen haben, er kleidete sich wie alle in der damaligen Zeit, hatte einen Beruf – und doch war er anders, in ihm hörte man Gott sprechen, in ihm sah man Gott auf die Menschen zugehen. Sie heilen, trösten, stärken, ermutigen. Er gab Hoffnung – und war gleichzeitig die Erfüllung der Hoffnung. Ja, in diesem Menschen, der war wie wir – und doch ganz anders war, ist uns Gott begegnet, er ist der Sohn Gottes. Als Mensch strahlte er eine Hoheit und Würde aus, ein Licht und Herrlichkeit, dass Menschen innehielten, die Luft anhielten und – staunten.

Aber nicht alle. Nicht alle erkannten diese Besonderheit, diese Göttlichkeit, dieses ganz andere. Manche Menschen sahen allein den Menschen – anderen wurde es gegeben, Gott in ihm zu erfahren, zu spüren. Manche sahen allein den Staub an seinen Füßen, seinen Hunger, seinen Durst – andere sahen in ihm den von Gott gesandten, den, in dem Gott ganz, ganz nahe kam.

Was war das für ein Mensch – dieser Sohn Gottes!

Wir sahen seine Herrlichkeit, eine Herrlichkeit als des eingeborenen Sohnes vom Vater, voller Gnade und Wahrheit.

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Dazu ist der Sohn Gottes erschienen, dass er die Werke des Teufels zerstöre 1. Joh 3,8:

Was sind die Werke des Teufels? Der Teufel, der Satan – auch Diabolos oder Beelzebub genannt, bedeutet im Grunde immer dasselbe: Er ist der Verwirrer. Er ist der, der Menschen für das Böse öffnet, sie bereit macht, das zu tun, was der Gemeinschaft mit Gott und Menschen schadet. Er ist insofern der Verwirrer, weil manche Menschen meinen, sie tun Gutes – und dabei dem Bösen dienen, sie meinen, sie tun Gottes Willen, aber dann doch das tun, was Gott nicht will. Sie fördern die Kultur des Todes, also alles, was Menschen zerstört, was das Zusammenleben verhindert. Und so kennen wir zum Beispiel die Todsünden – alle Formen der Lieblosigkeit –: Geiz, Neid, Hochmut, Zorn, Eifersucht, Wollust, Völlerei, Maßlosigkeit, Trägheit. Und Jesus ist erschienen, damit Menschen aus der engen Verbindung zu ihm erkennen: Was die Werke des Verwirrers sind und sich ihm nicht zur Verfügung stellen. Dass sie für die Kultur des Lebens eintreten, dass sie das, was unter den Todsünden genannt wurde, in sich mit Gottes Kraft bekämpfen.

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Wer seine Hand an den Pflug legt und sieht zurück, der ist nicht geschickt für das Reich Gottes.

Muss man für das Reich Gottes geschickt sein? Muss man eine gewisse Fingerfertigkeit entwickeln, um sich für Gottes gute Welt einzusetzen? Jesus würde antworten: Ja, natürlich! Du gibst dir im Leben um alles Mögliche Mühe, um Herausforderungen des Alltags gut begegnen zu können. Du gibst dir Mühe, um in der Schule und im Beruf gut zu werden, dass du gut kochen und backen kannst, dass du gut aussiehst, PC-Spiele spielen kannst, im Sport klasse bist… Aber gibst du dir auch Mühe, um Gottes gute Welt durchzusetzen? Auch dazu muss man geschickt sein, dafür muss man üben, dafür muss man sich Mühe geben. Gottes gute Welt fällt uns Menschen bevor er kommt nicht in den Schoß.

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Karfreitag – wir denken am Karfreitag an das Leiden Jesu Christi. Wir denken daran, dass er gefoltert wurde, dass er zu Unrecht verurteilt und hingerichtet wurde. Er starb. Wie viele andere Menschen auch – vor ihm, mit ihm und nach ihm. Und an diese entwürdigten Menschen, die in vielen Ländern der Erde gefoltert werden, zu Unrecht verurteilt und getötet werden – an die denken wir auch an Karfreitag, an all die entwürdigten Menschen weltweit. So denken wir heute insbesondere an die über 140 durch Islamisten ermordeten christlichen Studenten und deren Angehörige in Kenia. Ebenso denken wir an die Menschen, die bei dem Flugzeugabsturz ums Leben gekommen sind und an deren Angehörige. Wir sehen im leidenden Jesus Christus auch die Menschen, die sich durch Krankheit und Spott, durch Verbrechen und mangelnder Selbstachtung erniedrigt und entwürdigt fühlen. Jesus wurde wie sie erniedrigt, er wurde jedoch, und das bekennen Christen seit ca. 2000 Jahren, er wurde erniedrigt wegen uns. Er nahm diese Entwürdigungen auf sich, um uns die Würde zurückzugeben. Das Geheimnis, das Mysterium seines Todes, in dem er unser Leiden und Sterben durchlitten hat, können wir in seiner Tiefe gar nicht erfassen, wir können es nur staunend und anbetend betrachten, und so sind auch die Lieder, die wir heute singen, staunende, erschrockene aber auch dankbare Betrachtungen dieses Sterbens Jesu. Denn – so heißt es im Tagesspruch aus dem Johannesevangelium – für den heutigen Tag

Also hat Gott die Welt geliebt, dass er seinen eingeborenen Sohn gab, damit alle, die an ihn glauben, nicht verloren werden, sondern das ewige Leben haben.

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So seid ihr nun nicht mehr Gäste und Fremdlinge, sondern Mitbürger der Heiligen und Gottes Hausgenossen.

Was für ein Wort! Menschen haben immer das Gefühl, dass Gott weit weg ist. So sagt man, dass Gott im Himmel sei, also allgemein gesehen: Irgendwo da oben. Doch Gott ist nicht weit weg. Er ist uns ganz nah, so nah, dass er sogar unsere stillen Gebete und Gedanken wahrnimmt. Gott ist uns näher als wir selbst es uns sind. Und wir sind nicht weit weg von Gott, es sei denn, wir wollen nichts mit ihm zu tun haben. Wir sind Gott so nahe, wie es Familienmitglieder nur sein können, wir sind Gottes Hausgenossen. Der Epheserbrief hat diese Aussage von Jesus übernommen. Jesus lehrte, dass wir zu Gott „Vater“ sagen können. Manchmal aber fühlt man sich fremd in seinem eigenen Haus, der Vater – wo ist er? Wir können uns auch vom Vater entfernen, wenn wir nicht mehr mit ihm sprechen, wenn wir nur mit unseren eigenen Dingen so beschäftigt sind, dass uns das, was der Vater tut, gleichgültig wird – dann entfernen wir uns auch von Gott, dem Vater. Oder wir entfernen uns von den Geschwistern, wie der Text sagt, den Mitbürgern, den Heiligen. Sie kümmern uns nicht – und so verkümmern wir, weil wir uns selbst von der Hausgemeinschaft ausschließen. Die frühe Gemeinde weiß: Wir sind durch Jesus Gottes Familie geworden. Und das können wir auch genießen.

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Christus spricht: Was ihr getan habt einem von meinen geringsten Brüdern, das habt ihr mir getan.

Manchmal fragen Menschen, was ist eigentlich das Besondere am christlichen Glauben? An der Religion der Christen? Es gibt viele Fakten, die unseren Glauben von anderen Religionen unterscheiden. So verkünden wir, dass Gott in Jesus Christus auf die Welt kam. Wir verkünden, dass Jesus Christus für unsere Sünden gestorben ist, damit wir frei werden und wir verkünden, dass Jesus Christus auferweckt wurde, damit wir ewiges Leben haben können. Eine Besonderheit wird hier ausgesprochen: Gott selbst solidarisiert sich mit den Not leidenden Menschen. Er wird mit ihnen eine Einheit. Wenn einer fragen sollte: Wo finde ich Gott? Dann kann man sagen: Schau den Not leidenden, denn Jesus Christus hat gesagt: Was ihr getan habt einem von meinen geringsten Brüdern, das habt ihr mir getan.

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Der Wochenspruch für diese Woche aus dem 1. Johannesbrief lautet:

Unser Glaube ist der Sieg, der die Welt überwunden hat.

Wir Menschen lieben es, uns auf der Erde gut einzurichten. Wir halten fest, was wir bekommen haben, wir wollen es nicht wieder hergeben. Aber wir wissen, dass diese Welt nur ein Durchgangsstadium ist. Eine kurze Zeit, verglichen mit der ewigen Zeit, leben wir hier auf der Erde. Und dann? Manche von uns Menschen sagen: Dann ist alles aus, wir treten wieder ein in den Kreislauf der Natur. Andere sagen, wir treten ein in den ewigen Kreislauf der Wiedergeburten. Wir waren Menschen – wer weiß, was wir dann sein werden?

Unser Glaube sagt uns: Jesus Christus ist von Gott auferweckt worden – und so wird er auch uns auferwecken. Wenn wir den Weg des Sterbens gehen werden, werden wir diese Welt verlassen und eine neue Tür öffnet sich: Die Tür in die Herrlichkeit Gottes. Wir wissen nicht, wie sie aussehen wird. Aber wir wissen, dass Gott uns in Jesus Christus liebt – und in diese Liebe bergen wir uns und danken Gott, dass er uns ewig bei sich haben möchte in seiner Herrlichkeit.

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Der Wochenspruch für diese Woche steht im Buch des Propheten Jeremia:

Heile du mich, Herr, so werde ich heil, hilf du mir, Herr, so wird mir geholfen.

Manchmal fühlen wir uns stark, so stark, dass man, wie man sagt, Bäume ausreißen könnte. Laut und krachend gehen wir durch die Gegend, reden und zeigen anderen, was für tolle Burschen und Mädels wir sind. Manchmal sind wir ganz klein. Wir fühlen uns unsicher, deprimiert, beobachtet, krank, müde, zerschlagen, ja ausgespuckt. Nicht nur in unserer Schwachheit ahnen wir manchmal, dass wir Hilfe benötigen. Sondern auch dann, wenn wir besonders polternd über andere herziehen, wenn wir andere dominieren, unsere Stärke zeigen, ahnen wir: Oh Mann, wie krank bin ich, dass ich so etwas nötig habe. Manchmal sehnen wir uns nach Heilung, danach, ausgeglichener zu werden, sehnen uns danach, im Frieden Gottes leben zu können und ihn auch in unserem Umfeld verbreiten zu können, damit es gut werde. Damit alles gut werde und nicht noch schlimmer. Und so können wir nur beten:

Heile du mich, Herr, so werde ich heil, hilf du mir, Herr, so wird mir geholfen.

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Das Wort ward Fleisch und wohnte unter uns, und wir sahen seine Herrlichkeit. (Joh 1,14)

Das Wort wurde Fleisch, so schreibt der Apostel Johannes. Ein Lufthauch, Klangwellen wurden Handfestes, wurden Mensch. Das ist unbegreiflich. Ist das unbegreiflich? Interessant ist, dass unsere heutige Wissenschaft entsprechend den Weltanfang erklären will: Energiestrahlen bilden Materie.

Ein genauso großes Rätsel für die Wissenschaft ist, dass Materie lebt. Wie kann Totes – Materie eben – lieben, denken, lachen, spüren? Wir Menschen können uns das alles nicht denken. Wenn wir uns nicht täglich im Spiegel sehen würden, würden wir nicht denken, dass es so ein großes Wunder geben kann. Wenn wir die Welt nicht sähen, würden wir nie auf den Gedanken kommen, dass es so etwas überhaupt geben könne.

Und dieses Wort des Johannesevangeliums geht noch darüber hinaus. Nicht nur Energiewellen wurden Materie, sondern Gott selbst, der Schöpfer des Himmels und der Erde wurde Mensch. Das Nichtgeschöpf wurde Geschöpf. Er wurde einer von uns. Er lebte, lachte, liebte, litt – so wie wir. Genauso wie wir. Gott wurde in Jesus von Nazareth Mensch. Dieses Wunder aller Wunder feiern wir an diesem Tag.

Und was hat das Wunder aller Wunder mit mir zu tun? Es will mich verändern, es will mich hineinnehmen in die große Liebesbewegung Gottes zu Welt und Mensch – und zu mir selbst. Wenn Gott mich liebt – wie sollte ich mich und meinen Mitmenschen nicht lieben?

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Wir sahen seine Herrlichkeit, eine Herrlichkeit als des eingeborenen Sohnes vom Vater, voller Gnade. (Johannes 1,14b)

Herrlichkeit – was für ein Wort! Herrlichkeit meint: Alles, das wunderschön ist. Wenn wir uns alles, das wir als wunderschön empfinden, zusammenfügen: Licht, Strahlen, Farben, Gesang, Wärme, Schönheit, Glitzern, Erhabenheit, Größe – das Gefühl, von der Schönheit überwältigt zu sein… – dann verstehen wir ein wenig, was Johannes mit dem Wort Herrlichkeit meint. In Jesus Christus ist die Herrlichkeit Gottes, die Fülle, die Vollkommenheit Gottes erschienen. Johannes, der Apostel, hat Jesus so empfunden.

Jesus… – für andere war Jesus ein Mensch, der schwitzend durch den Staub Israels gegangen ist und sich mit Leuten abgab, die alles andere als Herrlichkeit ausstrahlten: Gesindel, Leute mit zerrissenen Lumpen, schreiende und klagende Menschen voller Krankheit und Todesanzeichen. Aber für Johannes strahlte er Gottes Herrlichkeit aus.

Wie kommt es zu diesen unterschiedlichen Interpretationen? Wenn wir uns auf Gott einlassen wie er ist und nicht wie wir ihn haben wollen, dann entdecken wir in der Gottesbegegnung Erstaunliches. Eben das: Was andere als ungöttlich verwerfen – wird für uns zu Gottes Herrlichkeit in Jesus Christus.