Johannes 3: Es macht einen Unterschied

Der Predigttext für den Weihnachtstag steht im Johannesevangelium im 3. Kapitel:

Der von oben her kommt, ist über allen.
Wer von der Erde ist, der ist von der Erde und redet von der Erde.
Der vom Himmel kommt, der ist über allen und bezeugt, was er gesehen und gehört hat;
und sein Zeugnis nimmt niemand an.
Wer es aber annimmt, der besiegelt, dass Gott wahrhaftig ist.

Denn der, den Gott gesandt hat, redet Gottes Worte; denn Gott gibt den Geist ohne Maß.
Der Vater hat den Sohn lieb und hat ihm alles in seine Hand gegeben.
Wer an den Sohn glaubt, der hat das ewige Leben.
Wer aber dem Sohn nicht gehorsam ist, der wird das Leben nicht sehen, sondern der Zorn Gottes bleibt über ihm.

Soweit der Predigttext.

Wir haben im Leben schon erfahren, dass es Entscheidungen gibt, von denen das gesamte Leben mehr oder weniger abhängig ist. Ein Wanderer, der den falschen Weg gewählt hat, der kann seinen Fehler einsehen, er kann umkehren und den anderen Weg gehen. Nicht so, wenn es um den Lebensweg geht. Wenn es um die Frage geht: Welchem Lebenspartner möchte ich mich anvertrauen? Welchen Beruf möchte ich ergreifen? Mit welchen Freunden möchte ich beisammen sein? Wie gehe ich gesundheitlich mit meinem Leben um? Man kann zwar versuchen, hier und da Korrekturen vorzunehmen – aber wir wissen, dass es bei falschen Entscheidungen keinen Weg zurück gibt – und bei Korrekturen Wunden bleiben. Und so hören wir auch in unserem Predigttext, dass sich an dem Verhältnis zu Jesus alles entscheidet. Wer Jesus ablehnt, lehnt Gott ab, wer auf Jesu Worte nicht hört, macht Gott zum Lügner, wer dem Sohn nicht glaubt, wählt den Zorn, den Tod, die Vergänglichkeit, das Nichts.

Wer an den Sohn glaubt, der hat das ewige Leben.
Wer aber dem Sohn nicht gehorsam ist, der wird das Leben nicht sehen,
sondern der Zorn Gottes bleibt über ihm.

Solange jedoch ein Mensch diese Worte hört, bleibt seine alte Entscheidung revidierbar. Wer diese Worte hört, kann sein Leben, seinen Lebensweg neu gestalten, eben indem er Jesus annimmt, indem er auf seine Worte hört, seinen Worten glaubt und damit das ewige Leben wählt, die Liebe Gottes, das Leben, die Fülle.

 Was ist das für ein Mensch – Jesus von Nazareth – wer ist das? Ist das nicht ein Mensch wie du und ich, der damals in Bethlehem bzw. Nazareth geboren wurde und dort als Sohn des Zimmermanns Josef und seiner Frau Maria aufgewachsen ist? Johannes der Täufer bekennt: Jesus kommt vom Himmel, er redet Gottes Worte, er ist Zeuge für Gott, Gott liebt ihn, wer ihm glaubt hat das ewige Leben – doch kaum einer glaubt ihm, kaum einer nimmt ihn an. Warum nehmen ihn viele nicht an? Weil Gott sich nicht so zeigt, wie wir es uns vorstellen. Gott zeigt sich nicht so, dass alle vor Staunen mit offenem Mund und aufgerissenen Augen herumstehen. Gott dröhnt nicht vom Himmel herab, so dass nun alle vor lauter Unterwürfigkeit auf den Boden fallen. Gott schüttet nicht wie eine Traumgöttin ihr Füllhorn der Gesundheit und Geld und Glück über alle Menschen aus. Warum nicht? Gott verhält sich so, dass wir ihn lieben können, dass wir uns aus freier, liebender Entscheidung ihm zuwenden können. Doch wie können wir das? Gott ist fern, Gott hört nicht, Gott erfüllt unsere Erwartungen nicht, Gott lässt uns allein… Ist dem so? Ist dem wirklich so?

 Was sehen wir?

Wir sehen ein Kindchen in der Krippe – von dem Menschen bekennen: In ihm wird Gott Mensch.
Dann sehen wir, dass das Kind zu einem einen Mann herangewachsen ist, der Gutes verkündet, der sich Menschen zuwendet, ihnen hilft.
Dann sehen wir einen Menschen, der am Kreuz für andere stirbt.
An diesem Kind, an dem Mann Jesus Christus sehen wir:
Gott will uns mit seiner Liebe umgarnen.
Gott will uns mit seiner Liebe bekleiden und umhüllen.
Gott will uns mit seiner Liebe füllen,
ich in ihm – und er in mir.
Das sehen, hören, spüren wir.

Wenn wir das sehen und anerkennen, dann kann unsere Liebe zu Gott wachsen. Wenn unsere Liebe wächst, dann können wir Gott immer mehr anerkennen.

 Doch was hilft mir das im Alltag? Was hilft mir das in Einsamkeit, in Schmerz und Leid? Was hilft uns das angesichts der großen Rätsel des Lebens und des Todes? Des Verlustes und der inneren Dunkelheit und Zweifel? Was hilft euch das, die Ihr in Gott seid – und es nicht fühlt?

 Wenn ein Kind im Streit, in Einsamkeit, in Lärm, Kummer und Erniedrigungen aufwächst, dann kann das Auswirkungen auf das gesamte Leben dieses Menschen haben. Wenn ein Kind aufwächst in Geborgenheit, in Vertrauen, Liebe, Zuwendung, Ruhe, dann prägt auch das sein gesamtes Leben. Es hat Auswirkungen – auch wenn es uns nicht bewusst ist, auch wenn man nicht genau festmachen kann, was wie beeinflusst hat. So hat es auch Auswirkungen auf unser Leben, wenn wir wissen, dass Gott uns zugewandt ist, dass er uns liebt, sehr liebt.

Es macht einen Unterschied, ob ich in einer Hülle, einer Aura der Liebe Gottes lebe oder ob in Unzufriedenheit, Sorge, Angst, Weltgeworfenheit.
Es macht einen Unterschied, ob ich Gott meine ärgerlichen, sorgenvollen Worte sagen kann, oder ob ich sie in mir hineinfresse und in mir zergrüble.
Es macht einen Unterschied, ob ich mir von Gott Worte der Liebe sagen lasse, oder ob ich ein Gegenüber habe, das mir nicht liebend zugewendet ist.
Es macht einen Unterschied, ob ich mir im schweren Alltag für Gott Zeit nehme oder ob mein Alltag im trägen oder hektischen, einsamen oder stressigen Einerlei abläuft.
Es macht einen Unterschied, ob ich mich vom Irdischen, Vergänglichen, Sorgenvollen fesseln lasse, oder ob ich in Gottes Welt der herrlichen Fülle und Weite Atem hole.

Das Leben mit Gott ist wie das Leben mit einem guten Freund. Es muss nicht vor großartigen Ereignissen strotzen – aber man weiß sich aufgehoben, geliebt, geborgen, man weiß um die Vergebung – und das alles trotz Einsamkeitsgefühl, trotz Schmerz und Leid. Wir sind in allem, was unsere Gedanken an dunklem Fesselt, was unsere Körper bedrängt und kränkt, frei, weil wir wissen, dass wir in der Liebe Gottes geborgen sind.

Doch Gott ist nicht nur ein Freund, eine gute Macht, die uns umhüllt. Gott kann auch ein strenger Lehrmeister sein. Wir Menschen, die wir gerne hätten, dass sich alles um uns dreht, die es gerne hätten, dass Gott unser Diener ist, dass wir nur mit den Fingern zu schnipsen brauchen – und Gott liest uns unsere Wünsche von den Augen ab – wir tun uns schwer mit Gott, wenn er nicht so will wie wir. Wenn er unser Leben hart zur Korrektur zwingt, wenn er uns ein Seil um die Hände legt und uns führt, wohin wir nicht wollen. Wenn er uns mit Stößen und Schicksalsschlägen auf seinen Weg hindrängt. Wenn wir geschlagen werden wie Jakob und hinkend durchs Leben gehen müssen, wenn wir wie Paulus erblinden müssen, wie Jesus gefoltert in Einsamkeit den Todesweg gehen – nein, das kann doch nicht Gottes Wille sein? Wenn wir die Schläge des Lebens nicht verstehen und in Dunkelheit leben – wo ist dann Gott?

Wo ist Gott? In der Dunkelheit. Wo ist Gott? Im Schmerz. Wo ist Gott? In der Einsamkeit. Wo ist Gott? In den Schicksalsschlägen. Wo auch immer uns das Leben hindrängt, wo das Sterben hindrängt: Gott ist da! Der Gott der Heiden meidet die Abgründe des menschlichen Lebens – und wir haben diesen alten heidnischen Glauben noch immer in uns: Gott ist nur da, wo es hell ist, wo es uns gut geht, schmerzlos, angstfrei. Unser Gott ist jedoch gerade in diesen Abgründen da. Gott kam in dem Jesuskind in die Dunkelheit. Gott kam in dem Jesuskind in die verzweifelte Welt der Hirten, der Armut, der Abhängigkeit und er kam in die Welt der von den Römern erniedrigten Menschen, der Menschen, die von der Willkür und dem Unrecht anderer abhängig waren. Gott kam in die Welt der Weisen, die verzweifelt Gottes Handeln in den Sternen suchten, in ihrer Weisheit nach ihm forschten und ihn nicht fanden – auf einmal erleuchtete er ihnen als Stern! Wo ist Gott? Gott ist da, wo du ihn nicht vermutest, wo wir ihn nicht vermuten. Gott ist auch da, wo du ihn nicht fühlst, spürst, glaubst, er sei fern. Wenn du es nicht spürst und fühlst, setze deinen Verstand ein und lass es dir von Gott sagen und höre mit allen Fasern deines Herzens zu:

Ich, dein Gott, bin bei dir, jetzt und in Ewigkeit.

 Wenn wir das erkennen, wenn das in unserem Leben Auswirkungen hat, dann sehen wir in Jesus Christus den, der uns Gottes Liebe gebracht hat, dann sehen wir in ihm den, der vom Himmel kommt, wir sehen, dass Gott wahrhaftig ist und dass er ewig mit uns leben möchte. Amen.