♫ ʘ Exodus 13: Feuer-Wolke

Mir stellt sich das Jahr 2020 als ein Jahr der Hilflosigkeit und der Ängste dar. Menschen waren auf allen Ebenen verunsichert.

  • Politiker wussten nicht so richtig, wie man mit dem sich ausbreitenden Coronavirus Covid19 umgehen sollte.
  • Experten waren unterschiedlicher Meinung, bis sich eine Gruppe durchsetzen konnte und drückten ihre Ängste aus mit Zahlen über Zahlen über Zahlen.
  • Journalisten drückten ihre Ängste aus durch Artikel, Diskussionen, Bildern von gestapelten Särgen, ausgehobenen Gräbern, dadurch, dass sie gegen Andersdenkende agitierten.
  • Menschen waren und sind hin und hergerissen: was soll man glauben, wem soll man glauben, wie gehen wir auch mit all den unlogischen und nicht nachvollziehbaren Vorgaben der Politik und der Experten um?
  • Manche trotzten dickköpfig allem, manche taten nur das, was sie einsahen, manche schlossen sich und ihre Kinder ein, manche sind übergehorsam gegenüber jeder politischen Verordnung, manche wurden aufgrund ohnmächtiger Angst aggressiv gegen sich selbst und andere.
  • Manche fragen sich: Wo kommen die ganzen Zahlen und die Toten her? Ich kenne niemanden, der Corona hat. Andere wissen sehr viel von Kranken im nahen Umfeld zu berichten, auch von Toten.

Ängste bestimmten das Jahr. Ein Virus zeigte uns unsere Scheinsicherheit auf. Man hangelte sich von Hoffnung zu Hoffnung. Manche Menschen wurden gelähmt, vereinsamten, zogen sich in sich zurück. Manche aber wuchsen geradezu über sich hinaus und wurden zu guten, menschlichen Höchstleistungen angespornt.

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Der Predigttext für den Altjahresabend, für Silvester, steht im 2. Buch Mose, dem Buch Exodus im 13. Kapitel: Gott hat durch Mose sein Volk aus der Sklaverei in Ägypten geführt – dann heißt es:

Der Herr zog vor ihnen her, bei Tag in einer Wolkensäule, um ihnen den Weg zu zeigen, bei Nacht in einer Feuersäule, um ihnen zu leuchten. So konnten sie Tag und Nacht unterwegs sein. Die Wolkensäule wich bei Tag nicht von der Spitze des Volkes und die Feuersäule nicht bei Nacht.

Soweit der Predigttext.

Gott führt, begleitet, schützt. Aber trotz des Wunders spielt das Volk, spielen die Menschen hinter der Feuer- und Wolkensäule des Glaubens immer wieder verrückt. Gott geht voran, weist den Weg durch alle Schwierigkeiten hindurch, aber Menschen wollen ohne Gott ihr Leben leben, sie wollen selbständig sein. Das ist auch gut so, selbständig sein zu wollen. Aber: Bedeutet selbständig zu leben, dass das Leben ohne Gott gelebt werden muss? Natürlich nicht. Kinder können auch selbständig leben – im Beisein der Eltern. Gott will, dass wir selbständig sind, dass wir Verantwortung tragen.

Aber wir Menschen – wie die Israeliten nach der Befreiung – sehen Selbständigkeit und Verantwortung tragen als etwas an, das von Gott losgelöst ist. Darum stellen wir Verbotsschilder auf:
In meinem Haus hat Gott keinen Zutritt.
In meiner Firma hat Gott keinen Zutritt.
Gott muss draußen bleiben, sagen manche Wissenschaftler.
Manche Medienschaffende behaupten: Ohne Gott agieren wir besser.
Einstimmig rufen wir Menschen: In meinem Leben brauche ich keinen Gott!
Alle rufen es tapfer und mutig und stolz – und wie viele Menschen sieht man zerbrechen? Liebende verletzen einander – muss ich all das Schlimme, das Menschen einander antun, vertiefen? Sie wissen es alle, wenn sie mit offenen Augen durch das vergangene Jahr gegangen sind.

Muss das sein? Natürlich nicht. Diese „Gott-Raus-Regeln“ stellen irgendwelche Menschen auf, die sich zu allen Zeiten und auch in dem vergangenen Jahr wieder als besonders klug und modern ansehen und auch als solche ausgeben. Aber nicht alle halten sich an das, was ihnen irgendwelche Menschen vorgeben. Glaubende tanzen nicht nach der Pfeife anderer Menschen. Sie gehen durch ihr Leben auch in das kommende Jahr – voran geht im Glauben die Feuer-Wolke Gottes.

Gott hat das Volk Israel aus der Sklaverei in Ägypten befreit. Gott befreit immer wieder Menschen aus der Erniedrigung durch andere. Er befreit uns – damit wir frei sein können. Frei sein mit Gott. Das Leben mit Gott in Freiheit zu leben bedeutet zu erkennen, was dem Leben gut tut. Zu erkennen, was anderen Menschen gut tut. Und das in allen möglichen Situationen. In dunklen Zeiten. In schweren, unerträglichen Zeiten, Zeiten die verängstigen und Menschen zerstören wollen. Es gibt immer wieder Schlimmes im Leben eines Menschen und dem Zusammenleben der Menschen.

Wir Menschen werden vom Bösen, vom Schlimmem verwirrt, durcheinander gebracht. Und durch die vielen Verwirrung und Verwerfungen werden wir kopflos, ängstlich, aggressiv, lassen uns lähmen, runterziehen.

Gott hat jedoch anderes mit uns Menschen vor. Er will uns aus unseren Verwirrungen und Irrungen herausholen. Seine Feuer-Wolke bei Tag und bei Nacht will diese Verwirrungen verhindern. Und so dienen uns Christen alle verwirrenden Herausforderungen dazu, sich wieder auf Gott zu besinnen. Sich von Gott Mut schenken zu lassen, den Alltag anzugehen; von Gott Kraft geben zu lassen, um in allen Verwirrungen durchzustehen; Gottes Liebe hilft, anderen Menschen von unserem Mut und unserer Kraft weiterzugeben, seine Liebe versucht, das Zerrissene vergebend zusammenzuführen. Und wieder hilft Gottes Liebe: Die Erniedrigten zu erheben, die Verworfenen in die Gemeinschaft zu holen. Wenn wir im Glauben hinter Gottes Feuer-Wolke hergehen, sie beachten, dann begleitet nicht nur Gott, schützt nicht allein Gott: dann sind Glaubende diejenigen, die an Gottes Stelle Menschen begleiten und Schützen sollen.

Auch im vergangenen Jahr haben wir Christen darin immer versagt. Das auch darum, weil wir immer wieder wie die Menschen, die von Gott nichts wissen wollen, meinen, wir seien besonders modern und selbständig, wenn wir uns von Gott punktuell lösen. Im vergangenen Jahr vor allem aber auch dadurch, dass wir uns vielfach von Ängsten anstecken ließen. Wir haben der Angst vor dem Tod Macht über uns geben lassen, wie Menschen, die das Leben mit Gott und die Auferstehung nicht kennen. Wir haben Angst als Liebe deklariert, wie wir auch purem Gehorsam gegenüber anderen den Stempel der Liebe aufgedrückt haben, obgleich es Lieblosigkeit war. Wir haben aus dem Geist Gottes heraus nicht genug Phantasie entwickelt, mit der wir die Vereinsamung und Verhärtung von Menschen bekämpfen konnten. Wir haben Gottes Feuer-Wolke, seine Befreiung, seine Begleitung, seinen Schutz – den Glauben – nicht ernst genommen.

Ja, Gott vergibt auch uns unsere Schuld, wenn wir uns ihm wieder zuwenden. Menschen sind vielleicht nicht bereit dazu, uns zu vergeben, weil wir sie zu sehr verletzt haben. Das ist sehr schmerzlich – aber die Vergebung durch Gott befreit, sodass wir uns auch in dieser Hinsicht nicht durch Menschen verwirren lassen müssen. Im Gegenteil, alle Herausforderungen spornen uns an, stärker mit Gott durch unser neues Jahr, durch unser Leben zu gehen, bis es in Gott endet.

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Gott, unser himmlischer Vater, du bist unser Licht – hilf, dass wir uns erleuchten lassen.
Du bist unser Friede – hilf, dass wir uns befrieden lassen.
Du bist unser Ziel – hilf, dass wir nicht vom Weg abirren, sondern auf dich zugehen.
Du bist unsere Stärke – hilf, dass wir aus deiner Kraft heraus leben.
Du bist unser Leben – hilf, dass wir unser Leben aus deiner Hand empfangen.
Das bitten wir durch Jesus Christus unseren Herrn und Heiland,
der mit Dir und dem Heiligen Geist lebt und regiert von Ewigkeit zu Ewigkeit. Amen.