1. Petrus 3: Heiligt Christus im Herzen

Der Predigttext, der für den heutigen Sonntag vorgeschlagen wurde, steht im ersten Petrus-Brief im 5. Kapitel. Der Schreiber schreibt an eine Gemeinde, die verfolgt wird und unter ihren heidnischen Mitmenschen zu leiden hat:

Seid alle gleich gesinnt, mitleidig, brüderlich, barmherzig, demütig.
Vergeltet nicht Böses mit Bösem oder Schimpfwort mit Schimpfwort,
sondern segnet vielmehr, weil ihr dazu berufen seid, dass ihr den Segen erbt.
(Im Alten Testament heißt es:)
„Denn wer das Leben lieben und gute Tage sehen will,
der hüte seine Zunge, dass sie nichts Böses rede,
und seine Lippen, dass sie nicht betrügen.
Er wende sich ab vom Bösen und tue Gutes;
Er suche Frieden und jage ihm nach.
Denn die Augen des Herrn sehen auf die Gerechten,
und seine Ohren hören auf ihr Gebet;
das Angesicht des Herrn aber steht gegen die, die Böses tun.“
Und wer ist es, der euch schaden könnte, wenn ihr dem Guten nacheifert?
Und wenn ihr auch leidet um Gerechtigkeit willen, so seid ihr doch selig.
Fürchtet euch nicht vor ihrem Drohen und erschreckt nicht;
Heiligt aber den Herrn Jesus Christus in euren Herzen.

Soweit der Predigttext.

Christen sind die reichsten Menschen dieser Erde. Wie ich dazu komme, das zu behaupten? Wir haben gerade eben gehört, dass wir die den Segen Gottes erben werden. Gott hat so große Liebe zu uns, dass er uns die himmlische Fülle geben wird. Weil wir sie bekommen werden, darum können wir hier schon von dieser himmlischen Fülle abgeben.

Sie können es sich schon denken: Wenn auf der Kanzel vom himmlischen Reichtum die Rede ist, dann sind sicher nicht viel Geld und großer Besitz gemeint. Aber was werden wir in Fülle bekommen? Wir bekommen das, von dem wir jetzt schon nehmen können: Die Liebe Gottes in Jesus Christus. Wir werden von Gott geliebt – und darum können wir heute schon davon weitergeben. Dass Glaubende den Segen, Gottes Fülle erben werden, das steht fest. Dem ist so. Ohne Wenn und Aber. Weil Gott un s liebt.

Wenn wir den Segen, die Liebe Gottes weitergeben, dann geben wir den Menschen das, was sie zum Leben brauchen, das, was sie sich ersehnen. Mutter Theresa von Kalkutta hat sterbende Menschen von den Straßen geholt und die Schwestern ihres Ordens versorgen noch immer überall auf der Erde Kranke und Sterbende. Sie geben Liebe weiter, die Liebe, die sie in Fülle bekommen werden. Der Theologe Albert Schweitzer, der in Afrika ein Krankenhaus leitete, gab den übersehenen Menschen die Liebe weiter, von der er eine Fülle bekommen wird. Wir können noch weitere berühmte Menschen nennen. So Martin Luther King, der zur Befreiung der schwarzen und weißen Menschen vom Rassismus sein Leben ließ – auch er gab von der Fülle der Liebe weiter, die er bekommen wird. Und aus dem Tun dieser Menschen wurde Segen. Damit habe ich jedoch nur ein paar berühmte Menschen genannt.

Sobald es Tag wird, noch in der Dämmerung, stehen überall auf der Erde Menschen Gottes auf und wenden sich Gott zu. Sie lesen in seinem Wort, die Bibel, sie reden mit ihm im Gebet. Sie gehen zu dem, der sie einmal mit aller Fülle seiner Liebe segnen wird und holen sich schon ein wenig von seiner Liebe ab. Mit dieser Liebe wollen sie in ihrem schweren Alltag andere Menschen segnen. Nachdem sie mit Gott geredet haben, gehen sie zu den Menschen: sie gehen in die Krankenhäuser, um Menschen zu waschen und zu pflegen – aber nicht nur zu waschen, sondern auch um ihnen ein wenig von Gottes Segen abzugeben. Menschen Gottes gehen in die Schulen, um Kindern Lesen und Schreiben und vieles andere zu lehren – aber auch, um Gottes Segen weiterzugeben. Und das tun sie in Asien, in Afrika, in Europa, in Amerika. Christen graben Brunnen, lehren Hygiene, zeigen, wie man möglichst effektiv Pflanzen anbaut und Tiere pflegt. Sie bauen Brücken und Häuser, Kirchen und Wassertanks. Sie tun das unter Armen, unter Menschen, die nicht lesen und schreiben können, unter Hungernden. Menschen Gottes holen Kinder von den Straßen und aus den Bordellen und geben ihnen auf diese Weise vom großen Segen Gottes ab.

Nicht jede und jeder hat die Aufgabe, etwas so Großes zu tun. Aber jede und jeder von uns kommt mit anderen Menschen zusammen. Und jeden Menschen, den wir begegnen, können wir etwas von der Fülle der Liebe Gottes abgeben. Den Menschen unserer Familie, den Nachbarn, den Menschen, denen wir beim Einkaufen begegnen – wir sind so reich: darum müssen wir an Segen nicht sparen.

Wenn wir aus Gottes Ewigkeit leben, dann bekommen wir eine neue Einstellung zum Leben. Wir Menschen brauchen die helfende Botschaft Jesu. Haben wir sie angenommen, dann wächst in uns auch die Liebe zu den Menschen. Wir lernen sie mit anderen Augen zu sehen. Wir lernen langsam, aber wir lernen. Wir wachsen in Gottes Liebe, um anderen davon abgeben zu können. Wir wachsen zu langsam, und versagen immer wieder. Aber Gott in seiner Liebe vergibt uns und lässt uns neu aus seiner Liebe leben.

Wo Gottes Liebe zu groß wird, da wird auch unser Widerspruch groß: Die Welt ist nicht so nett und freundlich – dass wir nun einfach so von dem großen Segen abgeben wollen. Wir würden am liebsten den Apostel belehren! Soll ich etwa vom Segen Gottes auch diesen Blödmännern abgeben, die ich mein Leben lang schon nicht leiden konnte? Soll ich Gottes Segen für Leute verschwenden, die mich verspotten, mich nicht ernst nehmen, mir Gewalt angetan haben, mir das Leben schwer machen? Was gehen mich überhaupt die anderen an? Wo lebst Du denn, lieber Apostel. In welchem Wolkenkuckucksheim! Wir schütteln über deine Naivität den Kopf: Du, Apostel, hast ja keine Ahnung von dem, was wirklich in der Welt vor sich geht! So mögen wir schimpfen.

Doch da bleibt unser Blick an dem Text hängen, der dieser Aufforderung vorangeht. Der Apostel schreibt: Glaubende sollen dann, wenn andere ihnen Böses zufügen, wenn andere sie beschimpfen, dann, gerade dann sollen sie segnen. Und dann ist im weiteren Text gar davon die Rede, dass Menschen den Christen Leid zufügen; diese Menschen bedrohen Glaubende. Christen bekommen es mit der Angst um Leib und Leben zu tun; auch mit der Angst um ihre Lieben! Wenn wir das alles lesen, dann müssen wir ganz beschämt zugeben: Solche Leiden haben wir durch andere nicht zu erleiden. Nein, wir erleben nur diese kleinen alltäglichen Rangeleien – und dann sollte es uns schwer fallen, anderen Menschen vom Segen Gottes weiterzugeben? An den Worten des Petrus merken wir, wie anders das wahre Christentum ist. Es stellt sich gegen das Böse in der Welt mit Liebe, mit dem Segen Gottes!

Das zu tun scheint unmöglich, das können wir nicht verstehen! Warum können wir das nicht akzeptieren? Weil wir den Herrn Jesus Christus nicht im Herzen heiligen, wie der Apostel schreibt. Dieses ganz andere Verhalten, dieses Neue, dieses Segnen, das kann ein Mensch erst dann, wenn er Jesus Christus im Herzen heiligt. Wenn sein Herz, sein Sinn, sein Lebensziel, seine Träume ganz von diesem Jesus Christus erfüllt werden. Wenn das Herz gefüllt ist mit Jesus Christus, dann können Menschen denen von Gottes Liebe und Segen weitergeben, die ihnen quer kommen, ja sogar denen, die ihnen Böses tun. Unmöglich? Nein. Nie wurde das Christentum weltweit so bedrängt wie in unseren Tagen. Christen werden getötet und entführt, sie liegen in irgendwelchen dunklen Gefängnissen, werden in der Wüstensonne in Container gesperrt, werden verletzt und vergewaltigt. Sie werden vom Arbeitsplatz vertrieben und von ihrem Land. Ihre Kinder werden ihnen genommen. Ihre Häuser werden ihnen genommen und alle Rechte. Und doch hören wir immer wieder von Glaubenden, die in diesen schlimmen Situationen vergeben können, segnen und lieben können. Wenn ich das so sage, dann mögen sie es für Geschwätz halten. Aber es gibt viele Menschen, die Jesus Christus in ihrem Herzen heiligen und die darum ganz besonders sein können. All diese Menschen kennt kaum einer. Sie sind nicht berühmt, wie Mutter Theresa, wie Albert Schweitzer, wie Martin Luther King, sie werden nicht beachtet – aber sie sind da. Sie sind in den Urwäldern da und in den Wüsten, an den Flüssen und in den Städten und Dörfern. Und sie legen den Segen Gottes auf ihre Verfolger. Manchmal nur hört man von einzelnen. So von der Frau eines Pfarrers in Indien, der mit seinen beiden Söhnen in seinem Auto von Hinduextremisten verbrannt worden ist: die Frau und Mutter vergab den Mördern ihres Mannes und ihrer Kinder. Diese Frau ist stärker als all diese Mörder und Quäler. Sie ist es, weil sie den Herrn Jesus in ihrem Herzen heiligt. Ihr Herz ist rein. Durch sie wirkt Jesus. In ihrem Verhalten berührt Gott die unmenschliche Welt. Oder denken sie an die Menschen einer Gemeinde in Indonesien, die den Mördern ihrer Töchter, die auf dem Weg zur Bibelschule ermordet worden sind, vergeben haben. Das sind Beispiele dafür, was für große Wirkung es hat, wenn Menschen Jesus Christus im Herzen heiligen.

Und wir sind so kleinlich. Jeden Tritt gegen das Schienbein, jedes Widerwort, jede kleine Missachtung nehmen wir ernst. Wenn wir nicht den Herrn Jesus Christus ganz in unserem Herzen heiligen, dann sind wir so. Dann können wir auch nicht anders: Wir stellen uns in den Mittelpunkt, wir glauben uns immer verteidigen zu müssen, es unserer Ehre schuldig zu sein oder wie auch immer. Wenn wir Jesus Christus im Herzen heiligen, dann wissen wir: Wir werden den Segen, die Fülle Gottes erben. Das, wonach wir uns sehr sehnen, wird uns gehören – und gehört uns auch schon, darum können wir Liebe weitergeben. Dem ist so. Ohne Wenn und Aber. Weil Gott uns liebt.

Wie können wir den Herrn Jesus Christus in unserem Herzen heiligen? Christen sollten ihren Morgen mit Gebet beginnen. Sie danken Gott und vertrauen sich ihm an. Weil wir es nicht nur mit anderen schwer haben, sondern auch mit uns selbst, bitten wir Gott um Vergebung. Und er nimmt uns an. Christen legen auch die Menschen in Gottes Hände, die ihnen schwierig erscheinen. Gott selbst möge an ihnen arbeiten, sie verändern wie er uns verändert. Nach dem Gebet können wir den ersten Petrusbrief lesen. Da gibt es soviel Anregungen für das, was es heißt, den Herrn Jesus Christus im Herzen zu heiligen. Der Brief ist nicht so leicht zu lesen, wie eine Zeitschrift, in der steht, wie wunderbar manche Menschen abnehmen konnten, oder was Königin X und Prinz Y alles erlebt haben. Er ist nicht so einfach zu lesen, wie eine Auto- oder Sportzeitschrift. Die Zeitschriften dienen ja nur der Zerstreuung im Alltag. Die Bibel dient seit 2000 Jahren den Menschen, damit sie Gottes Ewigkeit erkennen können. Darum ist auch dieser Brief nicht dazu da, dass man einfach so über die Worte hinweg liest. Manchmal bleibt man an einem Satz kleben. Wälzt ihn hin und her, versucht ihn zu verstehen. Und weil es sich um Gottes Wort handelt, dringt er beim Herumwälzen in unser Herz ein und beginnt es zu erneuern. Und das, was wir gelesen haben, will dann im Leben umgesetzt werden.

Und was will von diesem Predigttext umgesetzt werden?

Seid alle gleich gesinnt, mitleidig, brüderlich, barmherzig, demütig.
Vergeltet nicht Böses mit Bösem oder Schimpfwort mit Schimpfwort,
sondern segnet vielmehr, weil ihr dazu berufen seid, dass ihr den Segen erbt.
Und wer ist es, der euch schaden könnte, wenn ihr dem Guten nacheifert?
Und wenn ihr auch leidet um der Gerechtigkeit willen, so seid ihr doch selig.
Fürchtet euch nicht vor ihrem Drohen und erschreckt nicht;
Heiligt aber den Herrn Jesus Christus in euren Herzen.

Amen.