Angedacht 1 (2008-2011)

Angedacht beinhaltet im Wesentlichen Texte, die kurz den jeweiligen Wochenspruch, der am Beginn des Gottesdienstes vorgelesen wird, erläutert.

Text 47 (24.12.2011)

  Das Wort ward Fleisch und wohnte unter uns, und wir sahen seine Herrlichkeit.

Einmal sah ich in einem Frühling einen wunderschönen Baum. Der ganze Baum war ein einziges Blütenbouquet, ein Blütenmeer. Ein wenig später fragte ich einen Freund, der auch diesen Weg gegangen war: Hast du diesen schönen Blütenbaum gesehen? Er fragte: Was für einen Baum? Ich sah nur die Wiese und ärgerte mich über die Hinterlassenschaft der Hunde. Es gibt Menschen, die sehen Schönheit nicht, weil sie nur das Negative sehen wollen bzw. zu sehen gelernt haben. Es gibt Menschen, die sehen das Schöne. Genauso ging es den Menschen zur Zeit Jesu und geht es ihnen bis in unsere Gegenwart: Die einen sehen seine Herrlichkeit, die anderen nehmen sie nicht wahr. Die einen sehen ihn als Gottes Sohn, die anderen als nicht einmal einen besonderen Menschen. Sahen und sehen wir seine Herrlichkeit? Wir können nur darum bitten: Herr, lass uns Deine Herrlichkeit wahrnehmen.

Text 46 (19.6.2011)

Heilig, heilig, heilig ist der Herr Zebaoth, alle Lande sind seiner Ehre voll. (Jesaja 6)

Das ist ein sehr politisches Bekenntnis. Herr Zebaoth bedeutet: Herr der Heerscharen. Gott ist der Herr über alle Länder der Erde, über alle Herrscher und Völker. Er hat die Macht – und alle Lebewesen, die Gott ahnen und sehen ehren ihn – nur viele Menschen nicht, denn sie wollen ihre eigenen kleinen Götter haben, machen, sein. Der Herr der Heerscharen jedoch weiß immer Wege, die Menschen wieder zur Raison zu rufen – und das geht nie schmerzfrei, sondern ist immer mit sozialen Katastrophen verbunden. Der Mensch, der diesen Herrn der Heerscharen verlässt, bringt in seiner Selbstherrlichkeit und seine Selbstvergötterung immer Leid und Tod über die Menschheit. In der letzten Zeit haben wir Gott sehr stark in das Innerliche von uns Menschen gezogen. Es ging darum, dass wir uns in Gottes Armen wohlfühlen, geborgen fühlen. Das ist auch alles richtig so, doch Gott hat auch andere Seiten – eben die des Befehlshabers der Heerscharen. Jüdisch-christlicher Glaube ist immer auch politisch.

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Text 45 (12.5.2011)

Ist jemand in Christus, so ist er eine neue Kreatur; das Alte ist vergangen, siehe, Neues ist geworden. (2. Kor 5,17)

Wenn ich mich so ansehe, dann frage ich mich: Ich bin zwar in Jesus Christus – aber bin ich eine neue Kreatur? Ist das Alte wirklich vergangen, oder bin ich noch immer der Typ, der ich schon immer war? Ist wirklich Neues aus mir, in mir geworden? Ich bin in mir zerrissen, manchmal unwirsch zu anderen, lieblos, missmutig, unkontrollierte Worte kommen aus mir heraus und dumme Gedanken kreisen in mir. Doch sollen wir uns das nicht selbst fragen. Fragen wir doch einmal Jesus Christus: Lieber Jesus, bin ich eine neue Kreatur? Ist das Alte wirklich vergangen? Bin ich nicht noch immer der Typ, der ich schon immer war? Ist wirklich Neues aus mir geworden? Ich bin in mir zerrissen, manchmal unwirsch und lieblos, unkontrollierte, missmutige Worte kommen aus mir heraus, dumme Gedanken kreisen in meinem Hirn. Und? Was wird Jesus Christus antworten? Ich höre ihn sprechen: Mein liebes Kind, lass das mal meine Sorge sein. Ich habe dich neu gemacht – sei mein Kind, das versucht, meinen Willen zu tun, alles andere überlass mir. Und was bleibt uns zu sagen? Danke!

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Text 44 (12.3.2011)

Dazu ist erschienen der Sohn Gottes, dass er die Werke des Teufels zerstöre (1Joh 3,8)

Das Wort „Teufel“ kommt aus dem Griechischen und hat die Bedeutung: „Verwirrer“. Der Teufel ist also der, der alles durcheinander bringt, der Menschen verwirrt, der den Menschen so sehr verwirrt, dass er Gott nicht mehr sehen kann und richtungslos durch sein Leben läuft. Ihr kennt das Spiel. Man verbindet einem die Augen, dreht ihn ein paar Mal herum, und dann muss er den richtigen Weg finden. Das ist im Spiel ganz lustig, aber im Leben ist das schlimm, wenn man so verwirrt wird. In den letzten Wochen und Tagen verunsichern große Verwirrungen uns Menschen: Was geschieht in den islamischen Staaten? Wer wird sich durchsetzen? Werden es in Ägypten, Tunesien und Pakistan die Gewalttäter sein? Christen leben dort überall in großer Angst, weil sie ständigen Angriffen des Mobs ausgesetzt sind. Das schlimme Ereignis in Japan bringt uns Menschen ganz durcheinander. Was hat nicht gerade Japan alles dafür getan, dass Menschen möglichst sicher leben. Regelmäßige Erdbebenübungen, Häuser wurden erdbebensicher gebaut. Und das war auch alles gut so, weil es sicher noch viel mehr Leid verhindert hat – und dennoch: der Mensch erkennt, wie klein und hilflos er ist angesichts dieser gewaltigen Naturkatastrophen. Er wird ganz verwirrt. Ständig wird seine kleine heile Welt durcheinandergewirbelt – aber bei solchen großen schlimmen Ereignissen merkt er doch sehr deutlich: Wer ist eigentlich der Mensch? Ist er mehr als ein Spielball von Mächten und Kräften, denen er es ausgeliefert ist, von denen er hin und her gebolzt wird? Der Verwirrer ist am Werk, der Teufel, weil er uns durch solche Gedanken von Gott abbringen will. Doch wir dürfen wissen: In allen Nöten, Schwierigkeiten und Sorgen, selbst im Tod, gehören wir dem, der uns liebt: Wir gehören Gott in Jesus Christus. Und weil wir ihm allein gehören, müssen wir uns nicht verwirren lassen, sondern können trotz aller Traurigkeit sachlich da anpacken, wo Hilfe nötig ist.

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Text 43 (10.10.2010)

Mit der Bergpredigt tut sich heute so mancher schwer. Die Seligpreisungen klingen ganz gut – aber der Rest wird dann doch eher als etwas angesehen, das Negativ ist: Es wird alles nur „Schwarz-Weiß“ gemalt. Es gibt keine Grautöne. Man muss bedenken, dass die Gesellschaft, in der diese Worte gesprochen bzw. geschrieben wurden, eine war, die von Gegensätzen geprägt wurde: Arm-reich, gesund-krank, Elite-Sklaven, von Herrscher-Willkür, die grausame Macht der jeweils Stärkeren… In diese Welt hinein spricht Jesus seine Worte, die Matthäus in eine Rede zusammengefügt hat. Sie beginnt damit, dass denen, die kein Ansehen hatten, gesagt wurde: „Ihr seid das Salz der Erde, das Licht der Welt. Ihr Menschen in Lumpen, mit euren Sorgen, mit euren Ängsten und Nöten: Ihr seid das Salz, das Licht!“ Ich werde nicht alles im Detail durchsprechen, aber wesentlich scheint mir in den Antithesen die ganz neue Sichtweise: Gott bzw. die Götter, so die traditionelle Sicht, muss geehrt werden, sonst werden sie ärgerlich, mit grausamen Folgen für Individuen und Gesellschaft. Jesus sagt: Versöhne dich mit deinem Nächsten auch wenn es auf Kosten der Verehrung Gottes zu gehen scheint. Gott, der Vater, mag lieber, du verträgst dich, als dein reines Tieropfer (Mt 5,21-26). Oder: Gott bzw. Götter mögen mit verkrüppelten, versehrten Menschen nichts zu tun haben. Jesus sagt: Zu Gott kannst du eher verstümmelt kommen als ein Mensch, der andere missachtet und (selbst im Herzen) schändet (Mt 5,27-32). Und das ist Jesus wichtig: Das Herz. Nicht scheinen sollst du gut – sondern du sollst gut sein. Du sollst verlässlich sein (Mt 5,33-37). Das ist der Weg Gottes, um diese kaputte Gesellschaft wieder ins Lot zu bringen. Dazu gehört auch, die Gewaltspirale zu durchtrennen, den Feind zu lieben (Mt 5,38-40). Jesus kann das sagen, weil Gott in seinem Denken und in seiner Erfahrung die wesentliche Rolle spielt: Wer auf Gott schaut, muss sich selbst nicht so ernst nehmen, er muss sich in der Gesellschaft nicht aufplustern dadurch, dass er spendet, dass er öffentlich fromm ist, dass er sich Ansehen durch dieses und jenes verschafft: durch Fasten und Reichtum, dadurch, dass er sich über den anderen erhebt (Mt 6,1-7,6). Dagegen gilt das: Gott vertrauen (beten), sich in den Willen Gottes eingliedern zum Wohl der Menschen. Gott arbeitet an dieser zerrissenen Gesellschaft, du sollst ihm dabei zur Hand gehen. Nicht, indem du danach trachtest, Großartiges zu vollbringen, sondern einfach das tust, was er von dir will (Mt 7,7-23).

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Text 42 (2.10.2010)

Unser Glaube ist der Sieg, der die Welt überwunden hat. (1Johannesbrief 5,4)

Was für ein Wort! Wir sind Sieger! Wie fühlt sich ein Sieger? Wenn er seinen Sieg ehrlich errungen hat: Gut. Er fühlt sich großartig, stark, befreit von der Last, befreit von Sorgen! Und so hat unser Glaube uns Sieg geschenkt, die Welt kann uns nicht mehr besiegen, wir haben sie überwunden. Nun schauen wir uns an. Was sind wir für Sieger? Wir humpeln und murren durchs Leben. Wir zackern und klagen herum. Wir nehmen gar nicht wahr, dass wir schon längst gesiegt haben. Wir kämpfen weiter und weiter, verausgaben uns und verwunden uns. Ja, so sind wir. Aber heißt es, dass der strahlende Sieger immer unversehrt ist? Wir sind Sieger. Wir sind großartig und stark – aber mit den Blessuren, die das Leben mit sich brachte. Über all das, was wir an körperlichen und seelischen Wunden und Narben mit uns herumtragen, können wir stolz sein. Wie Sieger eben: All das hat uns nicht kleingekriegt, denn der Glaube ist unsere Stärke.

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Text 41 (29.8.2010)

Christus spricht: Was ihr getan habt einem von diesen meinen geringsten Brüdern, das habt ihr mir getan.(Matthäusevangelium 25,40)

Einmal fragte einer Jesus: Und, wer ist mein Bruder? Und Jesus antwortete: Derjenige, der dich benötigt. Was bedeutet das? Brüder und Schwestern sind nicht die Menschen, denen ich helfen will, sondern die Menschen, die meine Hilfe benötigen. Und wer diesen hilft, der tut Jesus Christus Gutes. Anderen helfen ist somit wahrer „Gottes-Dienst“. Und unser Gottesdienst hat seinen Namen einmal daher, dass wir Gott mit unseren Liedern dienen, vor allem aber auch daher, dass Gott uns dient mit Trost und Stärkung und Ermahnung. Und wenn wir dann gestärkt sind, können wir draußen an Schwestern und Brüdern unseren wahren Gottes-Dienst wahrmachen. Einander lieben – das ist der wahre Gottesdienst.

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Text 40 (21.8.2010- aus dem Blog)

Der große Traum des Kleinkindes führt in die Freiheit des Kindergartens – der Traum des Kindergartenkindes führt in die Schule – der Traum des Schülers führt in den Beruf – der Traum des Menschen überhaupt in Ehe/Partnerschaft – der Traum des Berufstätigen führt in die Rente – der Traum des Rentners: Gesundheit – der Traum des Gesunden – so möge es immer bleiben? Der große Traum von Freiheit führt in die Illusion der Selbstbestimmung, der Selbsterfüllung. Wie mit der Freude auf das Wochenende, auf den Urlaub – haben wir den Traum erreicht, verheddern wir uns in unseren selbstgebastelten Netzen. Wir könnten fallen. Nie hatte der Mensch in unseren Breiten mehr Gelegenheit, frei zu sein. — Unter den frühen Christen waren viele Menschen, die abhängig waren von anderen (auch Sklaven). In der Gebundenheit frei zu sein, das ist eine Lebenskunst. Nicht nur. Wer Lust hat, kann mal nachschlagen: Brief des Paulus an die Galater 5,1 und 13 – Johannesevangelium 8,32 und 36.

Text 39 (8.8.2010 – aus dem Blog)

Menschen, die Jesus Christus folgen, sind manchmal ohne Falsch wie die Tauben – aber nicht so sehr klug wie die Schlange (Matthäusevangelium 10,16), das heißt, sie lassen sich von traurigen Bildern sehr beeinflussen – und vergessen darüber die politischen Notwendigkeiten. Dass nun Menschen, die von Jesus nichts halten, Jesus heranziehen, um Christen zu einem anderen Verhalten anzumahnen, ist gut. Dass sie von Jesus nichts halten sieht man daran, dass sie die Aussagen eines sehr, sehr spätgeborenen Menschen, festgehalten im Koran, höher stellen als die Aussagen der zeitnahen Evangelien. Dass diese Menschen, die den Namen Jesu in den Mund nehmen, gleichzeitig für die eintreten, die Christen – Nachfolgern Jesu – das Leben zur Hölle machen, bis hin zur Entführung und Ermordung hinterlässt einen eigenartigen Geschmack. Und es zeigt, dass sie hoffen, die Nachfolger Jesu sind in ihrer Liebe ohne Falsch wie die Tauben – aber politisch dumm wie Bohnenstroh.

Text 38 (8.8.2010 – aus dem Blog)

Wenn Glaubende in den Augen anderer auch nicht viel haben, eins haben sie sicher: das Gleichnis vom Verlorenen Sohn (Lukasevangelium 15). Ich möchte es auch auf Sterben und Tod beziehen. Wir sind weit weg vom Zuhause. Uns geht es schlecht. Wir sind dem Tod nahe. Sterben bedeutet: Heimkehr. Wir überlegen, was wir Gott alles zu unserer Entschuldigung sagen wollen. Je näher wir zu Hause ankommen, detso ängstlicher werden wir, das Herz schnürt sich zusammen – die Tür öffnet sich: Gott, der Vater Jesu Christi

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Text 37

Man bekommt einen falschen Fuffziger. Woher weiß man, dass er falsch ist? Man muss ihn sorgfältig prüfen. Es gibt Kriterien, man dreht und wendet ihn, hält ihn gegen das Licht… Aber ein falscher Fuffziger heißt nicht, dass alle Fünfziger falsch sind. Es gibt auch richtige, auch die erkennt man an den Kriterien. Warum sag ich das? In der Bibel steht: Prüfet die Geister… Es gibt auch Christen, die es schwer machen, sie als echt anzusehen. Kriterien stehen im Neuen Testament. Weil es falsche Fufziger gibt, heißt es lange nicht, dass alle falsch sind. Freilich hinkt das Beispiel ein wenig: Jeder denkt, er sei ein echter. Und darum spielt die Vergebung so eine große Rolle: Vergib uns unsere Schuld wie auch wir vergeben denen, die schuldig geworden sind… Aber die Kriterien sollte man schon kennen – nicht um andere beurteilen zu können, sondern um sich selbst mit den Augen Gottes ansehen zu können. .

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Text 36 (31.3.2010)

Warum lehnt der Mensch Gottes Handeln ab? Gott, wie er sich in Jesus Christus zeigt, ist der ganz andere, der Unerwartete, der Fremde. Alles, was fremd ist, trägt dazu bei, dass wir uns von uns selbst entfremden. Das Alltägliche, das Gewohnte wird anders. Ich richte mich in meiner Welt so gut es geht ein, versuche alles so hinzubiegen, dass es zu einem einheitlichen, runden Weltbild kommt. Und dann kommt Gott, der Fremde, den ich mir nicht vorstellen kann, der von mir etwas fordert, der mir seinen mir fremden Willen mitteilt…, der in Jesus Christus so ganz anders handelt, als sich der Mensch normalerweise Götter vorstellt. Und wenn er sich keine Götter vorstellt, dann ist der Anspruch Gottes, seine Existenz, sein Handeln anzuerkennen, überhaupt unvorstellbar und fremd. Ich werde mir und damit meinem Weltbild entfremdet. Folge: Ablehnung. Je nachdem: Süffisante Ablehnung, brutale Ablehnung, Ignorierung, Verdrängung, Gott wieder zurechtbiegen, damit er in mein Weltbild passt – und das gibt es auch: Offenheit für Gottes überraschendes Handeln, das man sich aber immer wieder erhalten muss.

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Text 35 (24.1.2010)

Wir leben mit Angstgespenstern. Vielleicht nicht immer so deutlich – aber sie können uns immer wieder überfallen. Der Kampf gegen die Angstgespenster geht ein Leben lang – gegen immer neue Arten von Angstgespenstern: Krankheit, Versagen, möglichen Erniedrigungen, Sterben, falschen Entscheidungen… Manchmal dauert der Kampf Jahre, manchmal ist er kurz. Vielfach fühlen wir uns im Kampf allein. Gott, dem wir vertrauen wollen, scheint weit weg zu sein. Hilflos fragen wir unser: Warum? Warum Leiden? Warum Angstgespenster? Warum diese Heimatlosigkeit des Herzens? Nach Hause laufen zu Gott sieht für mich so aus, dass ich mich in den Worten Jesu zu bergen suche. In den Evangelien zu lesen, immer mehr zu lesen, führt dazu, dass wir uns in den Worten von Jesus bergen können. Bergen wir uns in den Worten Jesu? Jesus, der für uns Worte Gottes spricht, nimmt uns mit seinen Worten hinein in seine bergende Liebe. Die Erfahrung des verlorenen Sohns (Lukasevangelium 15), der heimgekehrt ist, der sich von Gottes Armen umfangen weiß, muss uns dann über die Worte hinaus nicht fremd bleiben: Gott ist uns nah. Er umgibt uns.

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Text 33 (18.1.2010)

Gott definieren? definieren = begrenzen. Wer einen Menschen definiert, begrenzt ihn, setzt ihn in sein Schublädchen, um ihn verstehen zu können. Dieser Kerl ist dämlich – das heißt: Man hat ihn begrenzt, indem man ihn in das Schublädchen „dämlich“ steckt. Und da kommt er dann nicht mehr heraus. Steckt man ihn in das Schublädchen „wow, ist der schlau!“ – dann muss er schon viel tun, um da wieder herauskrabbeln zu können. So ist eine Definition Gottes eine Begrenzung Gottes. Sicher, wir benötigen Bilder, wir machen uns ganz automatisch Bilder, von Gott bzw. dem Menschen, dem wir begegnen. Die Gott angemessene Haltung ist nicht, die, ihn in ein Schublädchen zu stecken, sondern sich für die vielen Gottesbegegnungen offen zu halten. Das heißt freilich nicht, dass Gott alles Mögliche sein kann. Unser christliches Schublädchen gibt es nicht: Es gibt nur einen riesen Schrank mit zig Schublädchen: Und wer sich mit Jesus beschäftigt, wird zahlreiche Schublädchen mit Gottesbildern füllen können. Aber Achtung: Man wird nie fertig damit – Gott ist immer wieder überraschend! Aber durch und in Jesus kommt man ihm nah.

Text 32 (21.11.2009)

Wir müssen alle offenbar werden vor dem Richterstuhl Christi.

Was meint Paulus damit? Paulus sieht, dass auch die Christen einmal für ihre Ta-ten zur Rechenschaft gezogen werden. Wie haben sie das Leben als Christen ge-führt? War es ihnen ernst mit der Liebe zu Gott in Jesus Christus und den Mit-menschen oder waren sie nur Schönredner? Haben sie ihren Glauben mit Freuden gelebt oder gedacht, sie müssten ihn miesepetrig allen aufpressen? Haben sie ü-berhaupt nicht an Gott gedacht und ihr Leben nicht ganz gottlos irgendwie durch-wurschtelt? Und dann stehen wir Christen vor dem Richterstuhl Jesu Christi und sind ganz deprimiert, weil uns alle möglichen Bosheiten und Lieblosigkeiten, die wir zu verantworten haben, zu Bewusstsein kommen. Und dieses miese Gefühl, dass uns dann ergreift, das Gefühl, dass wir uns angesichts der großen Liebe Jesu ganz schlecht fühlen, uns angesichts des Lichtes Gottes als finstere Menschen sehen, uns angesichts der Wärme der Gnade wie Eisklötze fühlen, das große Er-schrecken über sich selbst ist das Gericht, das Christen erwartet. Für Paulus ist klar: Die Liebe Gottes in Jesus Christus zu uns ist stärker und größer als unsere Schuld und unsere Sünde. Darum werden wir auf jeden Fall gerettet. Aus diesem Grund ist die Dankbarkeit der Christen so groß: Sie kennen sich und ihr Versagen – gleichzeitig aber erfahren sie die unendlich große Liebe Gottes.

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Text 31 (10.7.2009)

Aus Gnade seid ihr selig geworden durch Glauben, und das nicht aus euch: Got-tes Gabe ist es. (Epheser 2,8)

Glaube ist Gottes Gabe. Das zu wissen, das macht fröhlich. Ich brauche keine Angst haben um meinen kleinen Glauben – ich kann ihn ganz einfach in Gottes Hand legen. Ich brauche mich nicht zu kümmern ob ich auch richtig glaube – ich kann ganz einfach Gott dafür danken. Gott schenkt ihn mir. Einfach so. Und wenn ich in seinem Wort, die Bibel lese, wenn ich ihm fröhliche Lieder singe und bete, wenn ich mit anderen Glaubensbeschenkten zusammen bin, dann erkenne ich immer mehr, was ich an meinem Glaubens-Geschenk habe.

Text 30 (16.5.2009)

Gelobt sei Gott, der mein Gebet nicht verwirft noch seine Güte von mir wendet. Ps 66,20

Gott verwirft mein Gebet nicht. Gott wendet seine Güte nicht von mir. Beides bedeutet für den Dichter und Sänger des Psalms dasselbe. Gottes Güte und seine Gebetserhörung sind zwei Seiten einer Medaille. Aber dürfen wir diesen freudigen Satz auch ins Negative kehren? Gott erhört mein Gebet nicht – darum hat er seine Güte von mir abgewendet? Für Christen gilt das nicht. Christen dürfen wissen, dass sie von Gottes Liebe umfangen, umhüllt werden, auch dann, wenn er ihre Gebete nicht erhört. Wer zweifelt am Sonnenlicht, wenn es Nacht ist, und wir die Sonne nicht sehen können? Bevor die Menschheit nicht wusste, dass eine Sonnenfinsternis etwas ganz Natürliches ist, haben sie einen Mordslärm gemacht, um die Finsternismächte zu verscheuchen, um die Sonne wieder zu befreien. Christen brauchen keinen Lärm machen, wenn sie im Finstern leben müssen, weil sie ruhig und gelassen um die Sonne wissen. Wissen wir das wirklich? Häufig nicht. Aber wir dürfen es uns zusagen lassen und uns im Gebet in Gott betten.

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Text 29 (14.4.2009)

Wir hören heute den Lärm der Welt. An dem Tag, an dem Jesus gestorben ist, war die Welt laut, gefüllt mit hysterischem Zorngebrüll, gefüllt mit dem Kreischen boshafter Sieger, Peitschenschlagen, Hammerschläge, Waffen und dröhnendes Fußgestampf schüchterten Menschen ein, grölendes Lachen der Soldaten und der Feinde Jesu – der Karfreitag, die letzten Stunden die Jesus als Mensch lebte, waren gefüllt mit dem schrecklichsten Lärm, den wir Menschen zu bieten haben. Lärm, der das stille Schluchzen von ein paar Leuten, das Zittern aus Angst und Furcht verdeckte. Aber der Lärm konnte nicht die letzten Worte verdecken, verdrängen die Jesus Christus am Kreuz sprach. Worte, die für uns Menschen einmalig sind. Es sind Worte, in die wir hinein genommen wurden, sie gelten uns – sie sind unsere Rettung. Wir flüstern sie mit, wie die Menschen, die Jesus liebten, und am Kreuz zu seinen Füßen standen. Die Worte lauten: 1. „Vater, vergib ihnen, denn sie wissen nicht, was sie tun.“ (Lukas 23, 34) 2. „Amen, ich sage dir: Heute noch wirst du mit mir im Paradies sein.“ (Lukas 23, 43) 3. „Frau, siehe, dein Sohn!“ und: „Siehe, deine Mutter!“ (Johannes 19, 26-27) 4. „Mein Gott, mein Gott, warum hast Du mich verlassen?“ (Markus 15, 34; Matthäus 27,46) 5. „Mich dürstet.“ (Johannes 19, 28 ) 6. „Es ist vollbracht.“ (Johannes 19, 30) 7. „Vater, in deine Hände lege ich meinen Geist.“ (Lukas 23, 46) In diesen Worten begegnet uns die neue Welt Gottes, eine Welt, wie Gott sie bauen will und baut: eine der Vergebung und Liebe.

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Text 28 (31.1.2009)

Jesus lobte die arme Witwe: „Sie hat mit ihren 50 Cent mehr gegeben als der Mann, der 50 € gab. Sie hat alles gegeben, was sie zum Leben hatte. Der Reiche hat von seinem Überfluss etwas gegeben!“ (vgl. Mk 12,41-44) „Pah!“ sagte der Reiche, „sie hatte es von mir geschnorrt!“ Da sagte Jesus zu ihm: „Mehr hast du ihr nicht gegeben?“

und unser Vater, kommt herausgerannt, nimmt uns in den Arm und sagt: Mein Kind! Ich freue mich, dass du bei mir bist. Und dann nimmt er uns mit in unser wahres Zuhause, nimmt uns zu sich.

Text 27 (25.1.2009)

Es werden kommen von Osten und von Westen, von Norden und von Süden, die zu Tisch sitzen werden im Reich Gottes. (Lukasevangelium 13,29)

Ein Kleinkind versteht nicht unbedingt die Worte der Eltern. Es sieht ihre Gesichter und weiß sie zu deuten: Blickt ein freundliches Gesicht sie an, dann strahlen sie zurück. So geht es mir mit Worten der Bibel, die ich nicht verstehe. Ich weiß, dass Gott mich liebt – und wenn ich ein Wort lese, das mir nicht klar wird, dann strahle ich zurück. Und auch dieses Wort ist ein Wort, das Gottes Liebe ausspricht: Er will mit uns an einem Tisch sitzen, er will mit uns gemeinsam essen und fröhlich sein. Wir fragen: Wie soll das zugehen? Wir wissen es nicht. Aber wir hören die liebenden Worte Gottes und freuen uns und strahlen zurück.

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Text 26 (17.1.2009)

Dazu ist erschienen der Sohn Gottes, dass er die Werke des Teufels zerstöre (1. Brief des Johannes 3,8)

Der Teufel ist los. Das können wir sagen, wenn wir die Situation in Kenia ansehen, die äußerste Brutalitäten im Kongo, von denen wir in den Medien nichts hören, wahrscheinlich wollen sie uns vor diesem immensen Ausmaß an Grausamkeiten bewahren. In vielen weiteren Ländern ist der Teufel los, wir können sie gar nicht alle aufzählen. Der Teufel ist da los, wo Menschen der Raum zum freien Leben genommen wird. Er ist da los, wo Ungerechtigkeit Gerechtigkeit genannt wird, wo Opfer zu Tätern gemacht werden, wo Friedlosigkeit sich als Frieden schmückt. Er ist da los, wo gelogen und betrogen wird. Wo Ideologien und Religionen, Regierungen und Medien Gutes böse und Böses gut nennen.

Der Sohn Gottes ist gekommen, die Werke des Teufels zu zerstören – und er wurde hingerichtet. Er wirkt weiter. Das Böse hat nicht gesiegt. Gott hat Jesus Christus bestätigt und auferweckt.

Er wirkt weiter? Ja, auch durch uns. In uns möchte er weiterwirken, dass die Werke des Teufels zerstört werden. Es ist hart. Es kann hart sein, den Mund aufzumachen, sich einzusetzen, der Menschlichkeit Raum zu geben. Aber darin erweisen wir uns als diejenigen, die zum Sohn Gottes, zu Jesus Christus gehören.

Text 25 (10.1.2009)

„Ich bin der gute Hirte. Meine Schafe hören meine Stimme und ich kenne sie, und sie folgen mir, und ich gebe ihnen das ewige Leben“ (Johannesevangelium 10,11.27f.)

Einmal sah Jesus die Menschen hierhin und dort hin rennen, innerlich zerrissen, sich selbst fremd. Und da sagte er traurig: Sie sind wie Schafe ohne Hirten. Sie wissen nicht wohin in ihrem Leben, was sie mit dem Leben anfangen sollen, wie es mit allen Höhen und Tiefen zu bewältigen ist. Die Fragen, den Schmerz – sie tragen alles mit sich herum, und erleiden ihn mal laut klagend, meistens stumm. Und er bietet sich als guter Hirte an. Jesus ist der gute Hirte. Wir können seine Stimme hören – wenn wir nur auf sie Acht haben: im Lesen des Evangeliums, im Gebet, in unseren Alltagssituationen. Er kennt uns. Wir sind nicht allein. Die Menschen, die zu ihm gehören, folgen ihm. Sie schauen auf ihn, sie schauen nicht auf die Nöte, auf die Wüste, durch die sie gehen müssen, sie bleiben auch nicht in den vermeintlichen Paradiesen zurück, wenn es ihnen gut geht. Sie schauen auf ihn und gehen hinter ihm her, durch Wüste und Glück, durch Finsternis und Licht. Er kennt sie und führt sie zu einem Ziel: das ewige Leben.

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Text 24 (3.1.2009)

Wir sahen seine Herrlichkeit, eine Herrlichkeit als des eingeborenen Sohnes vom Vater, voller Gnade und Wahrheit.

Was heißt: „Eingeborener Sohn“? Das heißt: „des einzig geborenen Gottessohnes“. Und die Herrlichkeit dieses einzig geborenen Gottessohnes gesehen zu haben, bekennt Johannes. Und er schildert diese „Herrlichkeit – voller Gnade und Wahrheit“ in seinem Evangelium. Haben Sie schon einmal das Johannesevangelium ganz gelesen? Wo finden Sie diese Herrlichkeit? Normalerweise haben wir uns so sehr an Christliches gewöhnt, dass wir die Sprengkraft, die Herrlichkeit Gottes, gar nicht mehr wahrnehmen. Was lässt Johannes so gewiss sein, so jubeln? Wir wissen, wie Gott ist! Gott lässt sich in Jesus Christus sehen, und wir wissen seitdem, dass Gott uns wohl gesonnen ist, dass er uns liebt, dass er nicht die Vernichtung des Menschen möchte, sondern seine Nähe; er möchte, dass sich der Mensch von dieser Liebe anstecken lässt und ebenfalls liebt, er möchte, dass der einsame Mensch nicht einsam bleibt, sondern andere findet, die ihn an die Hand nehmen, mit ihm gehen. Er möchte, dass Menschen nicht mehr links liegen gelassen werden, sondern dass sie angenommen und ernst genommen werden. Seit Jesus Christus wissen wir viel mehr über Gott und uns Menschen – was Gott von uns möchte und was er uns schenkt. Das finden wir im Evangelium von Jesus Christus, in dem Gottes Herrlichkeit sichtbar wurde.

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Text 23 (27.12.2008)

Das Wort ward Fleisch und wohnte unter uns und wir sahen seine Herrlichkeit. (Johannesevangelium 1,14)

Gott wurde in Jesus Christus Mensch. Wir sahen seine Herrlichkeit. Das ist ein stolzes Wort. Ein Wort, in dem Freude und Jubel versteckt sind. Kein Mensch hat Gott je gesehen, keiner hat ihn gehört, keiner hat ihn gespürt – und hier, in diesem Menschen Jesus von Nazareth ist Gott sichtbar, hörbar, zu spüren. Es gibt daran kein Zweifel, denn wir sahen seine Herrlichkeit. Was ist das für eine Herrlichkeit? Es ist die Herrlichkeit, die unser Menschenleben ganz auf den Kopf stellt, weil sie endlich, endlich den Menschen zeigt, wie Gott ihn haben will. Wir können machen was wir wollen: Wir stellen uns unter Herrlichkeit was anderes vor als ein Kindchen in Armut geboren. Als ein Mann, der durch den Staub Galiläas zieht, kluge Worte spricht und einzelne Menschen heilt. Die Herrlichkeit Jesu Christi kann nur sehen, wer auch Gott in Jesus Christus wirken sieht. Denn in ihm reicht der Himmel, die Welt Gottes, auf die Erde. Und er macht uns zu Gottes Kindern. Alles ist zutiefst irdisch, gering. Und so begegnen Menschen durch die Jahrhunderte hindurch der Herrlichkeit Gottes in den tiefsten Tiefen ihres Lebens.

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Text 22 (19.12.2008)

Das Wort ward Fleisch und wohnte unter uns, und wir sahen seine Herrlichkeit. (Johannesevangelium 1,14)

Es wird so viel herumspekuliert über die Frage: Wie kann eine Jungfrau ein Kind bekommen. Was ist damit gemeint? Wie kann das vor sich gehen? Es folgt allgemeines Kopfschütteln. Johannes gibt darauf die Antwort, die wir soeben gehört haben: Gott, der durch sein Wort, seine Kraft, seinen Befehl die Welt erschaffen hat, der ist auch mächtig, sich durch sein Wort in einem Menschen Mensch werden zu lassen. Das hat mit dem griechischen Gott Zeus, der seinen Tautropfen in ein schönes Mädchen fallen ließ, gar nichts zu tun. Es wird auch gesagt: Gott habe solchen Hokuspokus nicht nötig. Was wir hier hören ist Bekenntnis der Gemeinde. Und was Hokuspokus ist, bestimmt nicht der neunmalkluge Mensch; und was Gott als Tat auswählt, um Menschen seine Liebe zu zeigen, das bestimmt das kleine Hirnwesen schon mal gar nicht – und bleibt immer eine erfreuliche intellektuelle Herausforderung. Johannes, der Zeuge des außergewöhnlichsten Ereignisses in der Menschheitsgeschichte – Zeuge des Wirkens Jesu – bekennt: Das Wort ward Fleisch, wurde Mensch, und wohnte, lebte, wirkte unter uns – und wir sahen seine Herrlichkeit. Und wer Gottes Herrlichkeit gesehen hat, der sieht die Handschrift Gottes vielfach in unserer Welt.

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Text 21 (6.12.2008)

Wenn das Weizenkorn nicht in die Erde fällt und erstirbt, bleibt es allein; wenn es aber stirbt, bringt es viel Frucht (Joh 12,24).

Mit diesem Wort aus dem Johannesevangelium handelt es sich nicht um eine alberne Bauernregel, denn es ist doch klar, dass ein Weizenkorn erst in die Erde fallen muss, um Frucht tragen zu können. Wir sprachen in der Kinderkirche über das Thema: Ihr seid das Salz der Erde. Das fanden die Kinder eigenartig: Menschen sind Salz? Sie können mit Bildworten nicht umgehen und haben es nicht auf Anhieb verstanden. Auch mit unserem Wochenspruch handelt es sich um ein Bildwort. Es geht um den Tod Jesu: Er könnte am Leben bleiben – aber dann hätte niemand etwas davon. Aber er wird getötet werden – und durch seinen Tod haben Menschen überall auf der Welt etwas davon und zwar unermesslich viel: Wir erkennen die Liebe, mit der Gott uns liebt. Mit dem Leiden Jesu sehen wir, dass Gott uns in unserem Leiden nahe ist, dass er uns durch unser Leiden hindurch in seine Nähe holt. Kinder Gottes leben in der Fülle Gottes. So sagt Johannes: Sosehr hat Gott die Welt geliebt, dass er seinen Sohn gab, damit die Welt gerettet werde, und wir ewiges Leben haben können.

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Text 20 (29.11.2008)

Alle eure Sorge werft auf ihn, denn er sorgt für euch. (1. Petrusbrief 5,7)

Helfe ich mir nicht selbst, dann hilft mir keiner. Auch Gott nicht. – Diesem uralten Bekenntnis der Menschen, stellt der erste Petrusbrief ein anderes Bekenntnis entgegen: „Alle eure Sorge werft auf ihn, denn er sorgt für euch.“ Wie kommt er darauf? Menschen, die sich ganz auf Gott eingelassen haben, die ihr Leben aus Gott heraus leben, wie Jesus, wie Petrus, die haben bis heute solche Erfahrungen gemacht. Freilich ist das kein Spruch, der Faulpelze ermuntern will, Faulpelz zu bleiben, denn jeder, der sich ganz auf Gott eingelassen hat, weiß, dass er auch sein Leben mit Gott führen muss, den Willen Gottes tun muss. Wer ganz mit Gott lebt und in diesem seinem Leben Sorgen hat, der soll seine Sorge auf Gott werfen, und er wird für ihn sorgen. Wie er für uns gesorgt hat, das wird uns manchmal erst die Ewigkeit zeigen. „Alle eure Sorge werft auf ihn, denn er sorgt für euch.“

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Text 19 (22.11.2008)

Wir müssen alle offenbar werden vor dem Richterstuhl Christi. (2Kor 5,10)

So ein Wort hören wir nicht gerne. Wir Christen haben Jesus rosarot angemalt. Wir malen seine Liebe und Fürsorge so groß, dass sie im Grunde gar nichts mehr bedeuten. Wir müssen alle offenbar werden vor dem Richterstuhl Christi. Nicht allein wir Christen, sondern auch die Menschen aus den Völkern: Juden, Moslems, Buddhisten – wer mag das heute schon gerne hören? Wir basteln uns beschämt einen eigenen Gott. Dieser Gott, der eigentlich der Schöpfer des Himmels und der Erde ist, der die Völker regiert und sie zur Verantwortung zieht – dieser Gott wird zu einem harmlosen Herzensgott. Verkündigung wird zahnlos, sanft. Sobald Gegenwind von Menschen kommt, die Gott nicht kennen, entschuldigen wir uns für unseren Gott. So haben wir ihn uns nicht gedacht, so haben wir das alles nicht gemeint. Hart werden Völker, die sich gegen Gott wenden, zur Verantwortung gezogen. An diesem Volkstrauertag erinnern wir uns auch an unser Volk, das für seine maßlosen Vergehen zur Rechenschaft gezogen worden ist. Das erlaubt uns aber nicht, Gott vor anderen Völkern und vor unseren Volksgenossen in Watte zu packen. Gott wird auch sie zur Rechenschaft ziehen.

Text 18 (15.11.2008)

Heile du mich, Herr, so werde ich heil; hilf du mir, so ist mir geholfen (Jeremia 17,14).

Wenn der Prophet Jeremia Gott darum bittet, heil zu werden, dann geht es hier nicht um Gesundheit, sondern um Heilung des ganzen Menschen, des inneren, des innersten Menschen. Jeremia spricht im Kontext unseres Wochenspruchs von einem trotzigen, verzagten Herzen des Menschen, davon, dass Menschen Gott verlassen und bittet um Heilung. Auch preist er Menschen, die geheilt sind, glücklich: Gesegnet ist der Mensch, der sich auf den Herrn verlässt und dessen Zuversicht der Herr ist. Und weil er selbst nicht glücklich ist, bittet er Gott um Hilfe: Heile du mich, Herr, so werde ich heil, hilf du mir, so ist mir geholfen.

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Text 17 (7.11.2008)

Dazu ist erschienen der Sohn Gottes, dass er die Werke des Teufels zerstöre (1Joh 3,8).

Die meisten Menschen möchten heute nur an die guten Mächte glauben, an die Engel. An den Teufel glauben nur noch die Satanisten, sie meinen den Teufel diszipliniert zu haben, damit sie keine Angst mehr vor ihm haben müssen. Der moderne Mensch, so heißt es, glaubt weder an gute noch an böse Mächte – es ist der Mensch, der gut und böse handelt. Doch ist das Erschrecken groß, sieht man auch nur ein Zipfelchen vom Bösen – und es dauert nicht lange, bis die Schlauen wieder sagen: Es liegt nur an der Erziehung, an der Religion, man kann es verstehen. Und man versteht in Wirklichkeit nichts. Gar nichts. Bis zum nächsten Entsetzen. Die christliche Tradition lebt seit ihren Ursprüngen mit dieser Frage – und kann recht gelassen damit umgehen. Sie muss weder die Engel vergöttlichen noch den Satan fürchten. Weder gute Mächte anbeten noch vor bösen Mächten in die Knie gehen. Wir gehören Gott, der uns liebt. Mehr müssen wir nicht beachten.

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Text 16 (2.11.2008)

Welche der Geist Gottes treibt, die sind Gottes Kinder (Röm 8,14).

Der Geist Gottes treibt an. Er ist keine Schlafpille, er beruhigt und besänftigt nicht – er setzt auf den Weg, er lässt Gott suchen, ihn finden – nicht den Gott, den wir gerne hätten, sondern Gott, wie er ist und als welcher er sich uns Menschen in Jesus Christus vorstellt. Er ist ein unbequemer Gott, einer, der uns Rätsel aufgibt, der uns aber dennoch nahe ist, Geborgenheit schenkt. Der Geist Gottes treibt an, dass wir auch das tun, was er von uns getan haben möchte – zur Ehre Gottes und zum Wohl der Menschen.

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Text 15 (25.10.2008)

Wer seine Hand an den Pflug legt und sieht zurück, der ist nicht geschickt für das Reich Gottes (Lk 9,62).

Wer beim Pflügen zurückschaut, der pflügt kreuz und quer. Wie einer am Autolenkrad, der nur zurückschaut, kreuz und quer fährt. Der Ballast der Vergangenheit soll nicht das Leben mit Jesus Christus bestimmen: Er schenkt Vergebung, damit wir neu anfangen können. Er richtet uns neu aus, damit ein verkorkstes Leben den Menschen nicht mehr länger bestimmen muss. Und wenn wir meinen, ohne irgendwelche Verfehlungen unser Leben gelebt zu haben, dann sagt er uns: Schau nicht darauf, dass du so ein toller Kerl gewesen bist, sondern nimm Gott in den Blick, du hast mehr davon.

Text 14 (4.10.2008)

Gelobt sei Gott, der Vater unseres Herrn Jesus Christus, der uns nach seiner großen Barmherzigkeit wiedergeboren hat zu einer lebendigen Hoffnung durch die Auferstehung Jesu Christi von den Toten (1.Petrusbrief 1,3).

Wir Menschen wollen das nicht glauben, können es auch nicht glauben. Können wir es nicht glauben? Wie kommt es, dass Zeitgenossen eher an Reinkarnation glauben wollen, als an die Auferstehung mit Jesus Christus? Reinkarnation ist doch auch nicht beweisbar. Das liegt daran, dass Menschen nur glauben wollen, was sie sich selbst zurechtbasteln. Andere Zeitgenossen glauben an gar nichts nach dem Tod. Sie haben Recht: Wir sehen nur Tod um uns, Sterben – aber die Auferweckung der Toten sehen wir nicht. Und so starren sie auf das, was vor Augen liegt: auf Sterben und Tod. Der Petrusbrief beweist nicht die Auferstehung aber er begründet sie: Er lobt Gott, weil Gott selbst die Hoffnung auf die Auferstehung ins Herz gibt. Eine lebendige Hoffnung, gibt Gott ins Herz. Was ist das, eine „lebendige“ Hoffnung? Das ist eine Hoffnung, die nicht stur an dem fest hält, was man denken kann oder was man nicht denken mag. Es ist eine Hoffnung, die sich auf Gott hin ausrichtet, seinem Tun vertraut. Es ist eine Hoffnung, die sich ihm und seinem wunderbaren Tun in Jesus Christus ganz überlässt. Darum: Wir haben allen Grund, die Auferstehung von den Toten zu glauben, weil Jesus Christus von den Toten auferweckt worden ist. Das ist kein starres Dogma, sondern er ist als der Lebendige erfahrbar. Weil er von den Toten auferweckt worden ist und lebt, so werden auch wir auferweckt werden in Jesus Christus.

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Text 13 (28.9.2008)

Einer trage des Anderen Last, so werdet ihr das Gesetz Christi erfüllen (Gal 6,2).

Jesus Christus ist kein Gesetzgeber – aber er hat einen hohen Anspruch. Er hat – wie man heute sagt – überwiegend grobe Eckpfeiler eingeschlagen, an denen Glaubende sich orientieren können. Diese vier Eckpfeiler heißen: Liebe, Liebe, Liebe, Liebe. Und zwischen diesen Eckpfeilern müssen wir Christen mit unserem Leben verantwortungsvoll bauen. Und einen solchen Baustein nennt Paulus in unserem Wochenspruch: Liebende helfen anderen Menschen Lasten tragen. Wenn einer allein an seinen Lebenslasten trägt, kann er zerbrechen. Hat er Menschen zur Seite, die im Namen Jesu Christi mithelfen, die Lasten zu tragen, dann kann er unter den Lebenslasten stärker werden. Paulus meint jedoch nicht: Warte, bis einer deine Lasten tragen hilft! Er meint auch nicht: Trage die Lasten aller. Er meint nur eins: Geh hin, jeder und jede, hilf anderen die Last tragen!

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Text 12 (21.9.2008)

Unser Glaube ist der Sieg, der die Welt überwunden hat (1. Johannesbrief).

Unser Glaube ist der Sieg, der die Welt überwunden hat. Was für ein Satz des Apostels, der mit den anderen Jüngern mit Jesus durch Galiläa gezogen war. Was für eine Zuversicht spricht daraus, wie hochgemut muss dieser Glaube sein, wie freudig, stolz ist er über diesen Glauben. Und dann sehen wir unseren Glauben an: Wir halten ihn zurück. Wir werfen ihn gar nicht mehr in den Kampf, sondern halten ihn zurück, ziehen den Schwanz ein, er kennt keine Siege – aber auch keine Niederlagen, weil wir ihn forthalten aus allen Auseinandersetzungen. Und so verkümmert er wie ein Pflänzchen ohne Licht und Wasser. Keiner bemerkt ihn. Wie kann der Apostel Johannes vom Sieg des Glaubens sprechen, der die Welt überwunden hat? Weil er auf den schaut, von dem der Glaube kommt. Er ist kein Leisetreter, sondern lässt seinen Glauben von Christus bestimmt sein. Wollen wir die Welt eigentlich überwinden? Sie ist doch so schön! Irgendwann muss sie jeder hinter sich lassen. Aber darum geht es hier nicht. Hier geht es darum, sich in der Welt, die ja im Kern gute Schöpfung Gottes ist, nicht von dieser Welt mit ihren guten und bösen Seiten bestimmen, beherrschen zu lassen. Der Glaube ist der Sieg, da er in dieser Welt mit Gott lebt – und sie darum überwunden hat.

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Text 11 (14.9.2008)

Heute, wenn ihr seine Stimme hören werdet, so verstockt euer Herz nicht (Hebräer 3).

Wann hören wir seine Stimme, sein Wort? Zunächst einmal wenn wir im Neuen Testament lesen. Die Evangelisten Matthäus, Markus und Lukas schildern sachlich Ereignisse um Jesus, Johannes führt lange, kunstvolle Reden an, die zu Herzen gehen können, und die Briefe, die wir im Neuen Testament haben, sprechen ganz konkrete Situationen an. In all diesen Texten können wir die Stimme Jesu hören. Eine Stimme, die ermutigt, ermahnt, Hoffnung schenkt, tröstet, fordert und stärkt. Jesus vermag zu jedem von uns sprechen. Das eine Wort gilt dem einen Menschen, ein anderes wird einem anderen Menschen wichtig. Zu jedem spricht er, wie er es braucht. Wenn wir jedoch nicht aufmerksam werden auf seine Stimme, aufmerksam hören lernen, was er zu sagen hat, dann mögen wir viele Worte lesen, doch können wir seine Stimme in ihnen nicht hören. Je mehr wir mit einem Menschen zusammen sind, desto besser können wir ihn verstehen. Das gilt auch für das Leben mit Jesus Christus, für das Hören dessen, was Jesus Christus uns zu sagen hat. Einmal kurz hingehört – heißt nichts hören.

Wir können seine Stimme noch vielfach hören. Im Gebet, in der Predigt, in Liedern – für alles gilt dasselbe: Es gilt, hören zu lernen, wollen wir seine Stimme wirklich verstehen.

Heute, wenn ihr seine Stimme hören werdet, so verstockt euer Herz nicht.

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Text 10 (7.9.2008)

Lebt als Kinder des Lichts; die Frucht des Lichts ist lauter Güte und Gerechtigkeit und Wahrheit. Eph 5,8f.)

Glaubende, die von Jesus Christus berührt worden sind, sind Kinder Gottes, sind Kinder des Lichts. Gott ist Licht und hat durch Jesus Christus ein Licht in unseren Herzen angezündet. Und wenn wir auf sein Licht schauen, so werden wir hell. So hell, dass auch andere von dem Licht leben können. Wo Kinder des Lichts sind, herrscht Güte: sie vergeben anderen, sie lassen sich nicht bedienen, sondern dienen. Wo Kinder des Lichts sind, ist Gerechtigkeit: sie versuchen Gemeinschaft zu stiften, wo Einsamkeit wohnt, wo Streit, Zorn und Ungerechtigkeit sind, wollen sie besänftigen. Wo Kinder des Lichts sind, ist Wahrheit: Wo sie sind, herrscht nicht das Böse, herrschen nicht dunkle Stimmung, nicht falsche Worte. Gott herrscht, Gott in seinem Licht. Weil Kinder des Lichts jedoch nicht automatisch all das gute Verbreiten, fordert der Schreiber des Epheserbriefes dazu auf: Lebt als solche Kinder des Lichts. Lasst das Licht Gottes durch euch hindurch scheinen. Weil wir uns finster kennen, können wir immer wieder nur bitten: Herr, unser Gott, leuchte du selbst durch uns hindurch und durch die Menschen deiner Gemeinde.

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Text 9 (1.9.2008)

Wir liegen vor dir mit unserem Gebet und vertrauen nicht auf unsere Gerechtigkeit, sondern auf deine große Barmherzigkeit. (Dan 9,18)

Liegen wir vor Gott mit unserem Gebet? Vertrauen wir nicht doch auf unsere Gerechtigkeit? Vertrauen wir wirklich auf Gottes große Barmherzigkeit? Wer kann da „Ja“ sagen? Wir erschrecken und sagen: Gott, wir wollen vor dir liegen mit unserem Gebet. Wir wollen nicht auf unsere Gerechtigkeit, sondern auf deine große Barmherzigkeit vertrauen. Doch wollen wir wirklich? Wer kann da „Ja“ sagen? Wir erschrecken und sagen: Gott, du kennst uns. Du weißt, was wir tun, was wir wollen, was wir vielleicht wollen – oder vielleicht auch nicht tun und wollen. Und weil wir uns selbst ein Rätsel werden, ein verzweifeltes oder hochmütiges Menschlein, sobald wir uns mit deinen Augen ansehen, schauen wir von uns weg, auf deinen Sohn Jesus Christus.

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Text 8 (24.8.2008)

Selig sind, die da Leid tragen, denn sie sollen getröstet werden (Matthäusevangelium 5,4)

Manche Menschen erfahren Not und Leid – und damit das Bild vom liebenden Gott nicht zerbricht, verlassen sie ihn. Sie sind eine Art Gottesverteidiger, denn sie können das Dunkle nicht mit Gottes Liebe zusammenbringen.

Manche Menschen erfahren Not und Leid – und gehen von Gott weg zu anderen Göttern bzw. vergöttern den Menschen oder sonstwas. Sie sind keine Gottesverteidiger, sondern Abwender.

Jesus zeigt einen anderen Weg: Manche Menschen erfahren Not und Leid und wenden sich anderen in Liebe zu. Sie sind Gottesverteidiger, die das Dunkle mit Gottes Liebe vertreiben wollen.

Text 7 (17.8.2008)

Lobe den Herrn, meine Seele, und vergiss nicht, was er dir Gutes getan hat (Ps 103).

Vergiss nicht, was er dir Gutes getan hat. Was ist mit uns los, dass wir die Seele dazu auffordern müssen: „Vergiss nicht, was Gott dir Gutes getan hat!“? Ist das nicht selbstverständlich? Wir kennen uns: Was bleibt im Herzen und Verstand meistens länger haften: Da hast du nicht geholfen, da hast du meine Gebete nicht gehört, da hast du mich nicht bewahrt … Situationen, in denen uns Menschen wehgetan haben – all das bleibt haften, aber das Gute – wie schnell ist es vergessen. Darum schreibt der Beter es im Psalm auf, damit er es nicht vergisst. Auch wir sollten aufschreiben, was Gott uns Gutes getan hat und tut, damit wir nicht vergessen. Und warum ist das Erinnern an das Gute, an Gottes Handeln so wichtig? Weil Gott uns damit Verpflegung mitgibt für Situationen, in denen Hunger und Durst uns plagen wird. Sich an Gottes gute Taten erinnern – das ist die Sonnenkammer für Zeiten der Kälte und der Dunkelheit. Vor allem auch für Zeiten, in denen wir meinen, Gott habe uns verlassen, es gebe ihn gar nicht, weil es mir sonst besser ginge.

Lobe den Herrn, meine Seele, und vergiss nicht, vergiss ja nicht, was er dir Gutes getan hat! Wir können weiterführen: Gott vergessen, macht klein, traurig und griesgrämig. Gott loben, das erhebt, lässt durchatmen und leben.

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Text 6 (10.8.2008)

Unser Glaube ist der Sieg, der die Welt überwunden hat (1. Johannesbrief 5,4).

Eine alte Frau lebte in ihrem Zimmerchen. Tagaus, tagein. Sie wurde geplagt von kleinen Schmerzen, die ihr aber sehr groß schienen. Sie ärgerte sich maßlos über Menschen, die sich ihr gegenüber ein wenig anders verhalten haben, als sie es sich gewünscht hatte. Lange hafteten ihre Gedanken an diesen Unpässlichkeiten. Sie wurde immer grantiger und missmutiger. Auch wies sie Menschen von ihrer Tür zornig weg. Eines Tages bekam sie einen Brief. Der König möchte mal sehen, wie alte Menschen in seinem Land so leben und so plane er, sie in zwei Wochen zu besuchen. Sie wurde ganz aufgeregt. Sie machte Pläne für das Essen, sie räumte auf, sie putzte. Sie kaufte Blumen und buk und kochte und wusch und zupfte. Die kleinen Schmerzen plagten sie nicht mehr. Kam ihr ein anderer Mensch quer, nahm sie es nicht übel, bemerkte es gar nicht; und wenn ein Mensch an ihre Tür kam, überhäufte sie ihn mit dem Selbstgebackenem. Sie konnte nicht mehr übellaunig sein, denn sie hatte anderes zu denken und tun: Der König kommt. Sie hatte ein anderes Ziel: Dem König sollte es gut bei ihr gehen und mit ihm allen Menschen.

Und so geht es auch Christinnen und Christen. Sie schauen auf den kommenden König, sie schauen auf den, der sie zu sich nehmen wird. Er steht ihnen im Sinn. Er allein. Und so prägt dieser König den Alltag der Christen.

Text 5

Wem viel gegeben ist, bei dem wird man viel suchen. Und wem viel anvertraut ist, von dem wird man umsomehr fordern (Lukasevangelium 12,48).

Ist mir viel gegeben? Mögen wir uns fragen. Solange wir unsere Hände regen können, können wir anderen Gutes tun. Solange wir unsere Füße bewegen können, können wir zu anderen gehen, um sie aufzurichten. Solange wir unsere Gedanken verwenden können, können wir uns anbieten, Auswege und Wege zu suchen. Und wenn wir nichts tun können, weil andere uns meiden, wir den Weg zu ihnen nicht gehen können, unsere Hilfe nicht erwünscht ist? Wir können beten. Beten, beten, beten. Und auf diese Weise Gottes Segen und Liebe über die Menschen legen.

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Text 4 (3.8.2008)

„Ich bin der gute Hirte. Meine Schafe hören meine Stimme und ich kenne sie, und sie folgen mir, und ich gebe ihnen das ewige Leben“ (Johannesevangelium 10,11.27f.)

Einmal sah Jesus die Menschen hierhin und dort hin rennen, innerlich zerrissen, sich selbst fremd. Und da sagte er traurig: Sie sind wie Schafe ohne Hirten. Sie wissen nicht, wohin in ihrem Leben, was sie mit dem Leben anfangen sollen, wie es mit allen Höhen und Tiefen zu bewältigen ist. Die Fragen, den Schmerz – sie tragen alles mit sich herum und erleiden ihn mal laut klagend, meistens stumm. Und er bietet sich als guter Hirte an. Jesus ist der gute Hirte. Wir können seine Stimme hören – wenn wir nur auf sie Acht haben: im Lesen des Evangeliums, im Gebet, in unseren Alltagssituationen. Er kennt uns. Wir sind nicht allein. Die Menschen, die zu ihm gehören, folgen ihm. Sie schauen auf ihn, sie schauen nicht auf die Nöte, auf die Wüste, durch die sie gehen müssen, sie bleiben auch nicht in den vermeintlichen Paradiesen zurück, wenn es ihnen gut geht. Sie schauen auf ihn und gehen hinter ihm her, durch Wüste und Glück, durch Finsternis und Licht. Er kennt sie und führt sie zu einem Ziel: das ewige Leben – auch wenn er sie sehr häufig tragen muss.

Text 3

Das Wort ward Fleisch und wohnte unter uns, und wir sahen seine Herrlichkeit. (Johannesevangelium 1,14)

Gott wurde in Jesus Christus Mensch. Wir sahen seine Herrlichkeit. Das ist ein stolzes Wort. Ein Wort, in dem Freude und Jubel versteckt sind. Kein Mensch hat Gott je gesehen, keiner hat ihn gehört, keiner hat ihn gespürt – und hier, in diesem Menschen Jesus von Nazareth ist Gott sichtbar, hörbar, zu spüren. Es gibt daran keinen Zweifel, denn wir sahen seine Herrlichkeit. Was ist das für eine Herrlichkeit? Es ist die Herrlichkeit, die unser Menschenleben ganz auf den Kopf stellt, weil sie endlich, endlich den Menschen zeigt, wie Gott ihn haben will. Wir können machen was wir wollen: Wir stellen uns unter Herrlichkeit etwas anderes vor als ein Kindchen in Armut geboren. Als ein Mann, der durch den Staub Galiläas zieht, kluge Worte spricht und einzelne Menschen heilt. Die Herrlichkeit Jesu Christi kann nur sehen, wer auch Gott in Jesus Christus wirken sieht. Denn in ihm reicht der Himmel, die Welt Gottes, auf die Erde. Und er macht uns zu Gottes Kindern. Alles ist zutiefst irdisch, gering. Und so begegnen Menschen durch die Jahrhunderte hindurch der Herrlichkeit Gottes in den tiefsten Tiefen ihres Lebens. Was ist das für eine Herrlichkeit, von der der Evangelist spricht? Es ist nicht die machtvolle Herrlichkeit der Herrscher in den Palästen, es ist nicht die funkelnde Herrlichkeit reicher Menschen mit ihrem Luxus, es ist nicht die Herrlichkeit, die schöne Menschen ausstrahlen. Die Herrlichkeit Gottes strahlt aus ihm heraus: seine Werke sind für Menschen schön, weil sie ihnen helfen; seine Anwesenheit ist für Menschen schön, weil sie sich geborgen und froh wissen; seine Worte sind schön, weil sie Menschen, die sich auf sie einlassen, das Wichtigste im Leben sind; seine Schlichtheit, seine Armut und Anmut sind herrlich, weil sie Gott erkennen lassen.

Text 2

Dazu ist erschienen der Sohn Gottes, dass er die Werke des Teufels zerstöre. (1Johannesbrief 3,8)

Auch wenn wir nicht an einen Teufel glauben, der mit blöder Fratze, Bocksfuß und langem Kuhschweif durch die Weltgeschichte zieht, so sehen wir doch allenthalben, dass wir Menschen Dinge tun, die andere verletzen und vernichten. Wir sehen, dass Menschen Gutes vorhaben und Böses bei herauskommt, dass wir selbst Dinge tun, von denen wir wissen, dass sie für niemanden gut sind, weder für uns, noch für die anderen. Wie schnell sind auch Worte aus dem Mund geschlüpft, von denen wir hinterher sagen, hätte ich sie doch nur verschluckt! Wie oft hören wir in uns die Mahnung: Gib Ruhe, der andere ist jetzt sehr aufgebracht, weil er Hunger hat, oder sonst wie schlechte Laune hat! – und doch können wir es nicht lassen, so dass Streit entsteht. Gedanken ziehen durch unser Hirn, vor denen wir erschrecken – und schlimm ist, dass es Menschen gibt, die diese in die Tat umsetzen. Das alles kennen wir. Christen wissen um die Niedertracht, die Grausamkeit, die Ungerechtigkeit in ihnen – doch sie schauen auf den, der ihnen hilft, all dem zu begegnen. Das Böse will unsere Gedanken gefangen nehmen – Christus befreit unsere Gedanken für das Gute. Das Böse macht sich überall breit, im Fernsehen, im Leben, in der Weltgeschichte, immer und immer. Christus schenkt Licht, damit die Dunkelheit weicht. Das Böse in PC-Spielen, Filmen, Videos und Drogen reizt und lockt uns – Christus ist gekommen, dass wir erkennen können, dass diese Dinge unsere Gedanken fesseln und verfinstern möchten und uns aggressiv und abhängig machen. Er schenkt Auswege, damit wir meiden, was unser Leben stört und zerstört. Wir sehen die Gedankenlosigkeit, die andere in Hunger leben lässt – Christus weist uns zu den Notleidenden.

Text 1

Es werden kommen von Osten und von Westen, von Norden und von Süden, die zu Tisch sitzen werden im Reich Gottes. (Lukasevamgelium 13,29)

Die Bibel ist unter den Menschen im Osten und im Westen, im Norden und im Süden verbreitet. Überall versammeln sich Menschen um dieses Wort oder lesen es allein. Zu Hause, unter Palmen, in der Steppe, in Hütten, in Palästen. In Not und Freude – überall ist die Bibel auf der Erde dabei. Sie suchen nach dem Schatz in diesem Text. Nach ihrem ganz persönlichen Schatz. Wie Schatzsuchende machen wir uns auf den Weg und schauen in diesen Texten, welche Schätze Gott uns entdecken lassen möchte. Viel Gestrüpp muss man durchkämmen – in uns, im Nicht-Verstehen der Worte. Große Trockenheit muss man durchstehen und Durst, Müdigkeit und Hoffnungslosigkeit überwinden, um diesen mir bestimmten Schatz bergen zu können. Dieses Wort birgt Schätze, und es wäre schade, wenn Sie sich aus irgendeinem Grund davon abhalten ließen, danach zu suchen.