Der für den heutigen Sonntag vorgeschlagene Predigttext steht im 1. Brief des Petrus im 3. Kapitel
Endlich aber seid allesamt gleich gesinnt, mitleidig, brüderlich, barmherzig, demütig. Vergeltet nicht Böses mit Bösem oder Scheltwort mit Scheltwort, sondern segnet vielmehr, weil ihr dazu berufen seid, auf dass ihr Segen erbt. Denn »wer das Leben lieben und gute Tage sehen will, der hüte seine Zunge, dass sie nichts Böses rede, und seine Lippen, dass sie nicht betrügen. Er wende sich ab vom Bösen und tue Gutes; er suche Frieden und jage ihm nach. Denn die Augen des Herrn sehen auf die Gerechten, und seine Ohren hören auf ihr Gebet; das Angesicht des Herrn aber sieht auf die, die Böses tun«. Und wer ist’s, der euch schaden könnte, wenn ihr dem Guten nacheifert? Und wenn ihr auch leidet um der Gerechtigkeit willen, so seid ihr doch selig. Fürchtet euch nicht vor ihrem Drohen und erschreckt nicht; heiligt aber den Herrn Christus in euren Herzen. Seid allezeit bereit zur Verantwortung vor jedermann, der von euch Rechenschaft fordert über die Hoffnung, die in euch ist, und das mit Sanftmut und Ehrfurcht, und habt ein gutes Gewissen, damit die, die euch verleumden, zuschanden werden, wenn sie euren guten Wandel in Christus schmähen. Denn es ist besser, wenn es Gottes Wille ist, dass ihr um guter Taten willen leidet als um böser Taten willen.
Soweit der Predigttext.
Was für ein Text! Ein paar Verse aus einem großen Verhaltenskatalog, aber Verse, die es in sich haben! Die Gemeinde, der dieser Brief gilt, lebt in heftigen Auseinandersetzungen, sie wird angefeindet, leidet Verfolgung. Der Apostel fordert, diesem Übel Neues, Göttliches entgegenzusetzen. Denn wenn Menschen sich so verhalten würden, wie der Apostel es fordert – die Welt wäre besser. Wenn wir in etwa gleiche Gesinnung hätten, wenn wir wenigstens demütig, barmherzig, brüderlich, mitleidig wären – das wäre doch schon was! Auch wenn das nicht alle Menschen wären – wie schön wäre es, wenn das wenigstens in der Gemeinde Jesu Christi so wäre! Wenn sie eine Gegenbewegung der Liebe gegen all die Bosheiten der Menschen wäre! Doch statt dessen gibt es massivste Auseinandersetzungen: Wie sollen Christen sich in diesen und jenen ethischen, moralischen, politischen Fragestellungen verhalten? Und so geht es heftigst hin und her, mit allen möglichen Gemeinheiten, Unterstellungen, Hinterhältigkeiten, Rechthabereien, Anmaßungen und Aggressionen, die wir an ungöttlichen Verhaltensweisen von uns Menschen kennen. In der Gemeinde Jesu Christi, die von seinem Geist beherrscht sein sollte, herrscht der Ungeist der Zertrennung.
Warum wäre eine solche Einigkeit in der Gemeinde Jesu so wichtig? Weil die Gemeinde Auseinandersetzungen erlebt, weil einzelne in der Gemeinde in heftiger Auseinandersetzung leben. Böses müssen sie ertragen, sie werden beschimpft, sie werden bedroht, sie folgen Jesus Christus und leiden, sie werden erschreckt, sie werden verleumdet, herausgefordert. All diese Angriffe sind leichter zu ertragen, wenn man eine Gemeinschaft hinter sich hat, Menschen, mit denen man gerne zusammen ist, mit Menschen, die einen tragen, beistehen, Menschen, die einander helfen. Demütig, barmherzig, brüderlich, mitleidig sein – eins sein, das hilft ertragen und tragen. Das haben viele Menschen in der Kirche noch nicht kapiert: Statt dessen ist man politisiert, rechts, links, ultrarechts, ultralinks, Ideologien, Weltanschauungen bestimmen uns – aber nicht Jesus Christus. Nicht die Einheit untereinander durch Jesus Christus steht im Zentrum, sondern unsere politische Meinung. Die Folgen liegen auf der Hand: Zertrennung, Gräben, Grenzen.
Und so sind die Ermahnungen, die der Apostel angesichts des Drucks von außen anspricht, im Grunde Ermahnungen, wie man in der Gemeinde selbst miteinander umgehen sollte:
Vergeltet nicht Böses mit Bösem oder Scheltwort mit Scheltwort, sondern segnet!
Was für eine wunderschöne Begründung wird dafür gegeben!:
Weil ihr den Segen erbt!
Gott wird uns reich beschenken, mit einem Reichtum, den wir jetzt schon anzapfen können: Gott wird uns alles geben – darum können wir jetzt schon alles geben. Wir können Segen aus-teilen, weil wir den Segen schon haben, den wir bekommen werden. Wir müssen auf Böses nicht böse reagieren – Gott wird angemessen reagieren, wenn er Menschen zur Rechenschaft zieht – wir können von dem Reichtum, den Segen, den Gott uns schenken wird, den er ja schon geschenkt hat, reichlich weitergeben. Gott füllt uns die Segenshand – darum können Christen äußerst freigiebig sein. Warum noch Böses mit Bösem vergelten, warum Schimpfwort mit Schimpfwort? Christen haben es nicht nötig. Wir gehören Gott. Die ganze Zukunft Gottes gehört uns. Das, was uns jetzt beschäftigt, kann in das Licht Gottes getaucht werden – und aus diesem Licht können wir nicht nur leben, wir können auch davon weitergeben.
Was kann dann aber dennoch passieren? Wir geben alles Gute, das wir haben – und es kommt Widerstand. Aber – so heißt es im Predigttext:
Und wer ist’s, der euch schaden könnte, wenn ihr dem Guten nacheifert?
Und wenn ihr auch leidet um der Gerechtigkeit willen, so seid ihr doch selig.
Glaubende müssen sich darüber nicht grämen:
Fürchtet euch nicht vor ihrem Drohen und erschreckt nicht.
Was sollen sie stattdessen tun?
Heiligt aber den Herrn Christus in euren Herzen.
Was für ein wundervoller Tipp! Wir sollen uns nicht über alles ärgern, das Herz verfinstern und verkrampfen lassen, wir sollen Jesus Christus in unserem Herzen heiligen. Jesus Christus im Herzen groß werden lassen, auf ihn schauen, auf ihn hören, sich von seinem Licht erfüllen, von seinem Frieden bestimmen und von seiner Freiheit erfassen lassen! Wir können das, weil wir am Herzen Jesu Christi ruhen können. In seiner Liebe können wir uns bergen, weil wir in ihm geborgen sind. Jesus Christus im Herzen heiligen heißt, ihm zu sagen: Ich bin dein, danke, dass deine Liebe mich erfüllt, dass sie mich prägt, dass sie mir Kraft, Gelassenheit und Ruhe schenkt.
Wenn wir Jesus Christus im Herzen heiligen, sind wir veränderte Menschen. Das fällt auf – auch unter vielen Namens-Christen. So fordern Menschen Rechenschaft von Jesus-Menschen, wir müssen Rede und Antwort stehen. Und das sollen wir machen, wie es im Predigttext heißt:
mit Sanftmut und Ehrfurcht, und ein gutes Gewissen dabei haben.
Sich von anderen kein schlechtes Gewissen einreden lassen, aber auch so handeln, dass man ein gutes Gewissen dabei haben kann. Dadurch werden dann die Verleumder zwar nicht besänftigt, im Gegenteil, sie schmähen, sie reden verächtlich, sie versuchen diejenigen, die Jesus Christus im Herzen heilig halten, zu erniedrigen. Aber was soll´s – wegen guter Taten leiden ist richtig. Wegen guter Taten leiden ist – richtig! Wenn wir leiden, fragen wir normalerweise, was habe ich falsch gemacht? Wie muss ich mich anders verhalten? Leiden kann Grund von eigenem Versagen sein – muss aber nicht. Von daher können wir solche Grübeleien in Gottes Hand legen – denn wir gehören ihm.
Dieser Text zeigt, wie bösartig Menschen sein können. Menschen, die Gutes tun, die Gottes Willen tun, sie werden angegriffen, sie werden verbal und körperlich erniedrigt. Der Mensch, der unter der Herrschaft der Sünde steht, unter der Herrschaft des Todes, der bekämpft den Menschen, der unter der Herrschaft Jesu Christi steht, unter der Herrschaft des Lebens. Der Kampf ist heftig. Das darum, weil es lange nicht mehr darum geht, ob man Jesus Christus im Herzen heiligt, ihn allein Herr sein lässt, sondern es geht vielfach darum, wieweit man politisch auf der richtigen Seite steht. Wieweit man sich gesellschaftspolitisch anpasst, mitmacht, was die Menschen sich so ausdenken, was sie im kurzen Augenblick der Gegenwart für gut oder schlecht halten. Aber um all das geht es Christen nicht in erster Linie. In erster Linie geht es darum, Jesus Christus im Herzen heilig halten. Und wenn wir das tun, dann können wir unterschiedlichster Meinungen sein, aber Meinungen zertrennen nicht, es findet ein munterer Austausch von Argumenten statt, aber man verletzt einander nicht.
In erster Linie geht es darum, Jesus Christus im Herzen heilig halten – und dann kann man andere und alles in das Licht Gottes tauchen, weil wir den wunderbaren Segen Gottes erben werden. Das gilt nicht nur für Angriffe von Menschen, das gilt für alles, was uns beschäftigt, was uns ängstigt. Wir haben eine Zukunft – und die Zukunft heißt: Jesus Christus.
Wir haben eine Zukunft, die nicht heißt: Tod.
Wir haben eine Zukunft, die heißt: Auferstehung, Leben!
Wir haben eine Zukunft, die nicht heißt: Sünde und Dummheit der Menschen.
Wir haben eine Zukunft, die heißt: Jesus Christus wird siegen und alles Versagen, alle Sünde, alle Schuld und alle Dummheit – auch unsere eigene – überwinden.
Wir haben eine Zukunft, die heißt: Herrlichkeit Jesu Christi.
Wir haben die Zukunft Gottes – und in der Gegenwart haben wir Jesus Christus im Herzen, weil wir am Herzen Jesu ruhen können.
Weil wir so wunderbar mit Jesus Christus beschenkt sind, können wir uns ganz anders verhalten. Anders gegenüber Menschen, auch gegenüber bösartigen Menschen, anders gegenüber schlimmem Schicksal, anders gegenüber Krankheiten, gegenüber Chaos im Leben, anders gegenüber uns selbst. Wir haben die wunderbare Chance, Jesus Christus, der in unseren Herzen wohnt, groß werden zu lassen, ihn zu heiligen. Mit ihm können wir alles überwinden. Wir sind sein. In Gottes Segen werden wir in Fülle leben.